Habt Ihr nette Nachbarn?
Constanze Geyer (Name von der Redaktion geändert) hat sie, eine tolle Nachbarschaft sogar. Nein: hatte sie. Bis im Mehrfamilienhaus, wo sie seit fünf Jahren im EG wohnt, eine neue Nachbarin eingezogen ist. Constanze hat seitdem Unglaubliches erlebt. Und alle, denen sie es erzählt hat, haben ihr gesagt: Unfassbar, schreib das auf und schick es an die Zeitung. Das hat sie dann auch gemacht.
Wenn ich aus meinem Küchenfenster gucke, kann ich die Mülltonnen sehen. Einmal ist mir beim Gemüseschnippeln aufgefallen, dass die Nachbarin da rumsteht. Ach, um die Zeit leert die ihren Müll aus, dachte ich. Nur, als das Gemüse schon blanchiert war, war sie da immer noch. Ich bin dann raus und in dem Moment, wo sie mich sieht, verschwindet sie in den Keller. Unsere Müllbeutel waren aufgeknotet und durchwühlt. Die Plastiktüte mit dem Katzenstreu stand nebendran. Gehört aber doch in den Restmüll, dachte ich und tat sie in die Tonne zurück.
Komisch fand ich das Ganze schon, hab den Vorfall dann aber vergessen. Bis unsre Putzfrau mich auf der Arbeit anrief und sich wütend über die Nachbarin beschwerte. Also, ich muss das kurz erklären. Unsere Putzfrau stellt, wenn sie fertig ist, den Müll vor die Wohnungstür, zieht sich dann schnell um und nimmt den Müll mit, wenn sie geht. In der Zwischenzeit war aber die Nachbarin gekommen, und als unsere Putzfrau aus der Wohnung kam, machte die im Flur mit ihrem Handy ein Foto. Abends hing dann das Foto an unserer Wohnungstür und ein dicker Zettel drunter: Der Hausflur ist kein Müllabladeplatz.
Ich hab mich tierisch aufgeregt. Mein Nachbar von obendrüber hat mich beruhigt und mir erzählt, er habe sie letztens gesehen, wie sie im Papiermüll gewühlt und zwei zerknüllte Briefe glattgezogen hat. Den Papierkorb aus seinem Arbeitszimmer hatte er kurz vorher runter gebracht. Er hat dann runter gerufen und daraufhin ist sie verschwunden.
Unseren Biomüll kontrolliert sie auch. Regelmäßig. Neulich haben wir alle ein Schreiben von der Hausverwaltung bekommen, sie möchten uns aus gegebenem Anlass darauf hinweisen, dass der Müll sachgemäß zu trennen sei. Ich pass jetzt höllisch auf, trotzdem ist mir vom Radieschenbund der Gummi, mit dem der zusammen gehalten wird, reingeraten. Der lag dann abends auf unserer Fußmatte, mit der Kopie vom Hausverwaltungsschreiben.
Mein Mann sagt, ich soll unseren Müll einfach hoch zu ihr bringen und vor ihre Tür stellen, dann kann sienihn bequemer kontrollieren. Meine Tochter meint, die ist einfach nur krank, so jemanden muss man voll ignorieren. Mein Nachbar von obendrüber hat sich jetzt einen Aktenschredder gekauft. Und ich hab mir überlegt, ich nehm unseren Müll mit ins Büro und
werf ihn dort weg. Ein bisschen umständlich ist das ja schon. Aber ich weiß mir keinen anderen Rat. Oder wissen Sie einen?
CONSTANZE GEYER
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