©Thea Nivea
Thea Nivea Glosse
Thea Nivea
Hi, ich bin Thea Nivea. Nivea hab ich von meinem Vater. Weil ich als Kind mal Nivea gegessen habe. Erklärt er jedem, ders nicht hörn will. Überhaupt erklärt er reichlich viel. Damit ich durchblicke, sagt er. Dabei blick ich schon durch, sogar bei Politik. Oder bei Fußball. Und erklär ihm auch manchmal was. Oder meine Mutter mischt sich ein. Was dabei raus kommt, na ja, könnt Ihr selbst lesen, jeden Monat. Wenn Ihr mir was erklärn wollt, schreibt mir einfach: t.nivea@frizzmag.de
Für Weihnachten, sag ich, hab ich für Papa ein Spitzengeschenk. Diesmal nicht auf den letzten Drücker, sagt meine Mutter, ich staune. Ist ne kleine Spitze, sag ich, hat mit dieser Zwangsbekehrungsabstimmung zu tun. Insgeheim, sagt meine Mutter, ist dein Vater froh, dass der Beschluss nicht aufgehoben wurde. Eben, sag ich, er hat mir gesagt, ich bin nicht Jesus, ich kehre nicht wieder. Ja, seine Sprachwitzchen, sagt meine Mutter, er hat es schon als Kind gehasst, die Gass kehrn zu müsse. Versteh ich, sag ich, aber dann muss man nicht so populistisch rumeiern. Er nennt das, sagt meine Mutter, Loyalität zu seinem OB. Ich nenn das Oarhelljer Muckermentalität, sag ich, wo ist Papa eigentlich? Beim Stammtisch, sagt meine Mutter. Stimmt, Dienstag ist ja Chaos, sag ich, nee, Quatsch, ist ja schon Weihnachtsmarkt. Letzte Woche, sagt meine Mutter, waren sie nicht auf dem Weihnachtsmarkt. Ja, sag ich, Papa meint ja, Weihnachtsmarkt vor Totensonntag geht gar nicht. Überhaupt, sagt meine Mutter, gehen sie dieses Jahr nicht auf den Weihnachtsmarkt. Sondern, frag ich. Zum Salm, sagt meine Mutter. Logisch, sag ich, die coole Blockhütte bleibt ja am Oberfeld. Solidarität mit einem Traditionsbetrieb, sagt meine Mutter, nennt dein Vater das. Weihnachtsmarkt ohne Salm und Hamel geht auch gar nicht, sag ich, ich bin zwar nicht traditionalistisch, aber ich habe Ehrfurcht vor dem Alten. Und was ist mit deinem Mut, sagt meine Mutter, das Neue frisch zu wagen? Sehr gutes Stichwort, sag ich, wirds bald mal was mit der Holländischen Kreuzung? Ja, das ist ein bundesweit wichtiger Modellversuch, sagt meine Mutter. Sehn nicht alle so, sag ich, wird sogar gerade als Steuerverschwendung gebrandmarkt. Quatsch, sagt meine Mutter, so günstig kommt die Stadt nie mehr zu Praxiserkenntnissen, wie man so eine Kreuzung für alle sicherer machen kann. Erhöht nicht das Haushaltsloch, frag ich. Nein, sagt meine Mutter. Ich mein ja nur, sag ich, 100 Mio. Steuereinbruch, Schuldenstand 1,22 Milliarden, da kann man sich schon mal Gedanken machen. Die macht sich der Kämmerer ja auch, sagt meine Mutter, deshalb ist der Haushalt ja verschoben. Wegen Hoffnung auf Rettung von oben, frag ich. Weihnachtsgeschenke von der Bundesregierung wirds nicht geben, sagt meine Mutter, die haben gerade selber Bescherung. Ich dachte an die neue Landesregierung, sag ich. Du findest es also gut, wie die CDU mit den Grünen umgesprungen ist? Ich finde nicht gut, sag ich, wie die Grünen schon wieder rumjammern. Es ist halt unschön, so hingehalten zu werden, sagt meine Mutter, die CDU hatte doch schon lange vor, mit der SPD zusammenzugehen. Politik lebt vom Wechsel, Mama, sag ich. Fünf Euro fürs Phrasenschwein, sagt meine Mutter, würde dein Vater jetzt sagen. Papa findet Schwarz-Rot auch gut, sag ich. Auch, fragt meine Mutter, heißt das, du auch? Ja, ich auch, sag ich, es muss nämlich langsam mal was kommen in Sachen kommunaler Finanzierung, und ganz ehrlich, bei der Gesundheitsversorgung hat euer Minister so ziemlich nix hingekriegt, und wie viele Kilometer Fahrradwege hat eigentlich euer Wirtschaftsminister neu gebaut? Du vertrittst deinen Vater ziemlich gut, sagt meinen Mutter. Papas Tochter, Mama, sag ich, hat ihre eigene Meinung. Und das Genderverbot, fragt meine Mutter, was ist da deine eigene Meinung? Das muss der CDU ja verdammt wichtig gewesen sein, sag ich. Keinen Kommentar, sagt meine Mutter, ich wollte deine Meinung hören. Wenn die SPD dafür die Abschaffung der Straßensanierungsbeiträge rausgehandelt hat, sag ich, dann würde ich mich fünf Jahre lang mal nicht über das generische Maskulinum aufregen. So pragmatisch siehst du das, fragt meine Mutter. Ja, sag ich, und in fünf Jahren machen wir Rot-Grün und das generische Femininum zur Pflicht. Und eben, glaub ich, kommt Papa. Dann sag schnell, sagt meine Mutter, was du ihm zu Weihnachten schenkst. Ich hab, sag ich, im Sonderangebot ein Fugenreinigungs-Kombigerät für das Grünzeug in den Ritzen gekauft. Ein Kehr-Paket zur Bescherung, sagt mein Mutter, sehr subtil. Ja, sag ich, das gibt ne schöne Bescherung.