©Klaus Mai
Alfred Hofmann
2006 haben Eleonore und Alfred Hofmann den Bessunger Buchladen übernommen. Seitdem ist viel passiert.Wir sprachen mit Alfred Hofmann über Veranstaltungen wie die Krimitage,die Zukunft des Buchs und über die Literatur in Darmstadt.
FRIZZmag: Sind Sie ein DarmstädterBub - man hört ja gar nichts?
Alfred Hofmann: Ich bin gebürtiger Darmstädter, aber in Pfungstadt-Hahn aufgewachsen. Meine Eltern stammen aus dem Sudetenland/Tschechien. Ich kann aber auch Hessisch babbele (lacht).
Haben Sie schon immer gerne gelesen?
Ja, vor allem Krimis! Früher habe ich amerikanische u.a. von Raymond Chandler oder Dashiell Hammett gelesen. Die Verfilmungen von „Tote schlafen fest“ oder „Der Malteser Falke“ sind da wohl eher bekannt. Danach habe ich meine Liebe zu deutschsprachigen Krimis entdeckt. Zum Beispiel Felix Huby, der hat auch viele Drehbücher für den Tatort geschrieben. Michael Kibler hat übrigens unsere Buchladen-Übernahme 2006 mit seinem Erstlingsbuch „Madonnenkinder“ eingeweiht. Ich lese auch heute noch überwiegend deutschsprachige Krimis. Außerdem Sachbücher, vor allem politische, und Biografien. Ich lasse mir auch gerne Empfehlungen von unserer Mitarbeiterin Judith Kautz oder meiner Frau Eleonore geben.
Wie kamen der Bessunger Buchladenund Sie zusammen?
2005 stand der Bessunger Buchladen - damals eher ein Antiquariat - zum Verkauf, renovierungsbedürftig und technisch nicht auf dem neuesten Stand. Da wir schräg gegenüber wohnen und unsere Jungs mit der Schule fertig waren, bot sich eine Übernahme an. Meine Frau Eleonore, die Deutsch und Sport studiert hat, konnte gut das Tagesgeschäft führen und ist bis heute Inhaberin des Buchladens. Ich blieb im Hintergrund, da ich noch einen Job hatte, ging aber dann in Altersteilzeit.
Wie haben Sie es geschafft, Ihre Buchhandlung so lebendig zu halten?
Wir führen zahlreiche literarische Veranstaltungen durch, die wir mit Büchertischen begleiten. Das Vernetzen ist sehr wichtig: Wir haben uns mit den anderen unabhängigen Buchhandlungen in Darmstadt vernetzt, mit Veranstaltern wie Bessunger Knabenschule, Centralstation, Jagdhofkeller, mit Autoren und Verlagen. Bei den Darmstädter Krimitagen kooperieren wir außerdem seit 2016 mit dem Literaturhaus Wiesbaden, dem Deutschen FernsehKrimi Festival und dem City Dome. Wir freuen uns über unsere treuen Stammkunden, darunter viele Familien, da wir eine große Kinder- und Jugendbuchabteilung haben. Wir legen großen Wert auf eine persönliche Beratung. Und bei uns gibt es auch Bücher neben dem Mainstream. Auch bedienen wir alle Kanäle, wie die großen Buchhandlungen oder Versandhändler, seit zehn Jahren haben wir einen Webshop.
Wird es das Buch als Medium noch in zehn oder 20 Jahren geben?
Ja, davon bin ich überzeugt. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit ist es ein Ankerpunkt, um sich zu entspannen und in eine andere Welt einzutauchen. Wenn ich ein Buch in die Hand nehme, habe ich ein gutes Gefühl. Es ist etwas für das Auge und die anderen Sinne: Es riecht, es hat eine Haptik, der Einband spricht mich an oder nicht. So etwas macht ja auch unser Menschsein aus. Im Falle einer totalen Digitalisierung würde das hinten runterfallen.
Haben Sie Angst vor einer Digitalisierung?
Nein, das E-Book wird das Papierbuch nicht verdrängen, sondern die beiden können sich ergänzen.
Sie schreiben ja regelmäßig den Newsletter des Buchladens, in dem vor allem in der Rubrik „Zu guter Letzt“ kritisch über politische Themen - darmstadtbezogen und bundespolitisch - gesprochen wird. Das kann das Thema „Baustelle“ vor der Tür sein oder auch Forderungen nach einem Rücktritt von Politikern. Wo holen Sie sich Ihre Anregungen?
Ich bin nach wie vor eifriger Zeitungsleser, habe das Darmstädter Echo abonniert. Am Wochenende lese ich online die FAZ, die Frankfurter Rundschau und die Zeit. Außerdem gibt es den „Volltext“, eine österreichische Literatur-Zeitung, die täglich Literaturmeldungen zusammenstellt. Die Online-Ausgabe nutzen wir auch für unsere Webseite des Buchladens. Diese Meldungen geben einen ganz anderen Blick und liefern Hintergründe, zum Beispiel zum Buchpreis.
Wären Sie gerne in die Politik gegangen?
Viele Buchhandlungen aus den 1980-90er Jahren waren sehr politisch. Man wollte eine klare politische Zielsetzung und einen Gegenpol zu dem liefern, was schon da ist. Das hat sich bei kleinen, unabhängigen Buchhandlungen eigentlich gehalten. Mein Vater wollte, dass ich politisch tätig werde. Aber ich bin kein Mensch, der sich gern verbiegt. Zwar bin ich ein guter Vernetzer, aber nicht so kompromissbereit, wie es in der Politik erforderlich wäre. Die Partei, die das alles vereinigt, was ich mir wünsche, gibt es nicht. Ich bin ein typischer Wechselwähler.
Wie steht es um die Literatur in Darmstadt?
Für die Literatur in Darmstadt ist es nicht einfach. Die Stadtkirche hat es vielen Kulturtreibenden mit ihrem Programm schwer gemacht. Anders als der Jazz beispielsweise wird die Literatur stiefmütterlich behandelt, es gibt kein gemeinsames Programm für die Literatur wie im Jazz-Bereich und auch keine gemeinsame Literatur-Veranstaltungsseite auf der Homepage der Stadt Darmstadt wie bei dem Jazz-Kalender. Viele andere Städte haben das.
Was gefällt Ihnen an Darmstadt?
Darmstadt ist lebenswert. Es lebt von der Vielfalt der Stadtviertel, die Innenstadt finde ich leider weniger attraktiv. Ich würde mir wünschen, dass es ein City Marketing auch für die einzelnen Stadtviertel gibt.
Und welche Wünsche haben Sie für Ihre Stadt?
Mehr Engagement für die Literatur! Auch sollten die individuellen Läden und kleinen Veranstalter erhalten bleiben und unterstützt werden. Ich würde mir einen kostenlosen ÖPNV und weniger Autoverkehr durch eine breitflächige Parkraumbewirtschaftung wünschen.
Ihre Pläne für den Ruhestand?
Wir sind bei dem Mietwohnprojekt „Zusammenhaus Lincoln e.V.“ dabei und werden uns dort weiterhinengagieren.
Ein Wunsch für die Zukunft?
Meine Frau und ich werden zum 1. Januar 2019 den Buchladen an unsere Mitarbeiterin Judith Kautz weitergeben, die hier schon 25 Jahre arbeitet. Bei den Veranstaltungen wie den Darmstädter Krimitagen werde ich im Hintergrund noch mitwirken. Auf jeden Fall möchte ich gemeinsam mit Judith Kautz das 50-jährige Jubiläum des Bessunger Buchladens feiern.
Vielen Dank für das Gespräch!