©Klaus Mai
Christian März
Mit den Stonewall-Aufständen in der New Yorker Christopher Street begann die Emanzipationsbewegung der Schwulen und Lesben. Was hat sich seitdem getan? Was fordert die queere Community heute? Werden Homosexuelle immer noch diskriminiert? Am 26. Juni 1969 wurde die Stonewall Bar in der Christopher Street in New York von Polizisten gestürmt, die Bar war Treffpunkt von Homosexuellen und Dragqueens, diese galten als misfits, zum Verstecken verurteilt – jedoch nicht in dieser Nacht. Sie widersetzen sich der Polizeigewalt, die Aufstände dauerten Tage an – aus diesen Unruhen entstand der CSD. Zwischen Mai und August wird es wieder bunt auf den Straßen, beim „Christopher Street Day“ gedenkt, feiert und demonstriert man für die Rechte von lesbischen, schwulen, bisexuellen und trans*- Menschen. Die ersten CSDs fanden in Deutschland 1979 in Berlin, Köln und Bremen statt. Heute ist der CSD in Städten wie Köln karnevaleskes Großevent, laute Party, weniger politische Demo. Nicht so in Darmstadt, Christian März ist Mitglied des queeren Vereins „vielbunt“ und organisiert die Veranstaltung.
„Bei uns gibt´s kein Kommerz, wir erlauben keine Werbung, wenn aus dem Publikum gebuht wird, weil die Leute lieber tanzen statt zuhören wollen, dann müssen die das halt aushalten! Und der Partsch meint auch, wir seien der politischste CSD Deutschlands.“
Aber braucht es überhaupt noch eine Demo? „Ich kann heiraten und Kinder adoptieren, aber in anderen Bereichen siehts schlecht aus, das Transsexuellengesetz muss sich z. B. ändern und ich finde erschreckend, wenn sich Politiker*innen wie Frau Kramp-Karrenbauer öffentlich über Intersexuelle lustig machen!”, sagt März. Er arbeitet an einer Grundschule. „Homo ist immer noch ein beliebtes Schimpfwort.“ Besonders Jugendliche tun sich schwer mit dem Coming-Out, sie fürchten sich noch immer vor Anfeindungen und Ausgrenzungen. Die Suizidrate ist bei homosexuellen Jugendlichen 4 bis 7 mal höher. Besonders in ländlichen Gebieten fehlt es oftmals an Anlaufstellen und Unterstützung. Im Verein „vielbunt“ kann man sich vernetzen, es gibt AGs wie ,,Sei trans*du”, die Queere Jugendgruppe „farbenfroh“ sowie Yoga, Schwimm- und Laufgruppen. „Wir feiern auch 50 Jahre 175 §.“ Der sog. Schwulen-Paragraf, der aus dem Kaiserreich stammt, kriminalisierte Sex zwischen Männern. In der NS-Zeit reichte ein bloßer Verdacht, um mit Gefängnis und Konzentrationslager bestraft zu werden. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg blieb er bestehen, aus Angst vor gesellschaftlicher Ächtung und strafrechtlicher Verfolgung wurde Homosexualität geheim gehalten. Im Zuge der Stonewall-Aufstände, der 68er-Bewegung und der sexuellen Revolution zeichnete sich ein sozialer Wandel ab: Schwule und Lesben organisierten sich bundesweit und forderten ihre Rechte. Ab 1969 war Homosexualität zwischen Männern ab 21 Jahren legal. „Trotzdem wurden Männer bloßgestellt und ausgegrenzt“, sagt März. Erst vor 25 Jahren, 1994, wurde er endgültig abgeschafft. Es gibt viel zu tun, nicht nur in Deutschland. „Ich denke nicht nur an die Länder mit Todesstrafe, sondern auch an unsere Nachbarn in Polen, der Ukraine und Russland.“ Laut März wird es noch lange einen CSD brauchen.
„Ich glaube, umso mehr man Frauen mit Frauen Händchen halten sieht und küssende Männer und Drags und alles, desto besser – die Leute gewöhnen sich dran.“
„I am on the right track baby, I was born this way.“ (Anm. d. Red. das Lied “Born this way” von Lady Gaga ist ein beliebtes Lied der queeren Community)