Auf die Zukunft, aufs Neue Jahr und Vorhaben angesprochen, bleibt der Künstler Peter Debusi alias NEDE realistisch. Der Dreiundfünfzigjährige kennt das Leben, hat schon so einige Auf’s und Ab’s bewältigt. Wenn er aber eine Fotoarbeit mit dem Titel „Ich war ein Künstler“ auf Instagram postet, heißt das nicht, dass er aufgibt, im Gegenteil: Er möchte provozieren, wachrütteln, Fragen und Gedanken evozieren. „Meistens sagen die Leute erst hinterher, wenn jemand aufhört oder gestorben ist, ‚oh, wie schade, er hat doch so interessante Sachen gemacht‘.“ Nede fragt nach dem unverständlichen Warum-dies-so-ist, und dass man sich doch lieber zu Lebzeiten der Künstler mit ihnen und deren Gedankenspielen auseinandersetzt, genauer hin- schaut, mit offenen Augen und Ohren der Welt begegnet. Stets ringt er mit sich, will durch „Performances stattfinden“, kämpft um (s)einen Platz in der Kunstszene - obwohl er diesen längst inne hat. Denn Nede beackert ein Feld, das unwirtlich wie steinig ist, wo sich arrivierte Künstler längst nicht mehr hinbegeben. Er ist viel mit seinem ultraleichten Rennrad unterwegs, bei Wind und Wetter, weiß, was in den Vierteln der Stadt los ist. Auf etlichen Sperrmüllobjekten wie ausgedienten Küchenschränken, Brettern, Regalen oder Rahmen ist das Wörtchen Nede zu lesen. Ob er sie alle selbst mit seinem Schriftzug betitel (also getaggtet) hat, lässt der Künstler offen. „Das hat sich verselbständigt“, kommentiert er. Mittlerweile gibt’s zahlreiche Nede-Fans, die seinen Namen mit Edding auf Dinge hinterlassen, die von uns, der Konsumgesellschaft, respektlos weggeworfen werden: Mit einem Augenzwinkern wird somit Sperrmüll zu Kunst erklärt.
©
NEDE
Niemand kennt ihn so ganz genau, kaum einer weiß, was ihn umtreibt. Sein Atelier, sagt er, ist bis oben hin angefüllt, da passt kaum mehr ein Bild hinein. Immerhin stellte er vor noch nicht allzu langer Zeit in „Raum 6“ von Bernhard Meyer im Atelierhaus rund 100 seiner Arbeiten aus. Aus verschiedenen Werkgruppen wie etwa seinen Konsum-Selfies, den Flaschenpost-Arbeiten aus Abfall, den Konsum-Köpfen aus ausgeschäumten Plastiktüten sowie die Konsumschaukästen, aufwendig gearbeitete Warenkartons die als kostbare Kunst- & Lustobjekte fungieren. Der 1971 Geborene arbeitet gern mit den Abfällen der Konsumgesellschaft und recycelt sie zu Kunstwerken, die „ein Abbild unserer Obsessionen darstellen“ sowie „ein Fenster unserer Möglichkeiten“. Konsum werde so zur provokativen Macht. Seine Arbeitsschwerpunkte sind Objekte, Performance, Installationen und die Fotografie. Und auch seine Freunde sind meist Künstler wie Nick Marschalek, der den Kunstraum „Zucker“ an der Liebfrauenstraße betreibt oder Christian Schindler, der an der Heinrichstrasse Gemälde wie Rahmen in allen möglichen Formaten verkauft. Auch Heinz Lotz in Arheilgen gehört dazu, sowie Jodie und Charly, die immer mal bei seinen Fotoaufnahmen zu sehen sind. Zu Neuanfängen ist Nede aber immer zu haben: Wenn es irgendwie nicht mehr weiterging, trieb ihn etwas an, und hierfür war er gar bereit, in eine andere Stadt zu ziehen. Zwanzig Jahre lebte er in Berlin, wo er sich durch Zufall und Leidenschaft vom Musik-Promoter zum Musikverleger entwickelte. Er verlegte unter anderem die Hip-Hop- Band „Die Firma", für die er auch zwei Jahre lang in Köln lebte und arbeitete. Später bewarb er sich bei „Ruhr 2010“, als es um die Kulturhauptstadt des Ruhrgebiets ging und wurde angenommen. Über ein Jahr lang verfasste Nede täglich einen Text über Alltagsgeschehnisse an der Ruhr. Diese Zeit ebnete ihm seinen Weg in die Kunst, denn dort erlebte der Darmstädter zum ersten Mal Künstler, die malten, schrieben, performten, tanzten, experimentierten. Von da an setzte auch Nede alles auf die Bildende Kunst, denn er war fasziniert und inspiriert, sagt: „Ich wollte was machen, wusste aber nicht was.“ Er konnte nicht anders, als Loszulegen, ganz erfüllt von den anderen und seinem Erlebten: Nach einem gemeinsamen Essen sammelte er sämtliche Dinge wie Pappbecher, Teller, Zigarettenstummel, eben Abfälle auf und fügte sie zu einem ersten Werk, einer großen Wand-Installation zusammen. Sein Atelier ist voll und Nede meint, dass es keinerlei Sinn mache, weiter und weiter zu produzieren – aber er muss. Deshalb versetzt er nun das ein oder andere Werk in einen anderen Daseinszustand, beginnt auch, sie anzubrennen oder mit ihnen weiterzuarbeiten.“Es fließt viel, ich mache einfach weiter.“ Das ironische Aufzeigen von vermeintlicher Wertlosigkeit, Ermöglichen von kreativer Teilhabe und die Verwandlung von ihm selbst zum Kunstobjekt, sind Bestandteile seiner konzeptionellen Ausdrucksweise. Nedes Inszenierung des Konsums sowie seiner eigenen Person wird bei ihm zum künstlerischen Medium für Kommunikation und Anbetung. Seine Kunstwerke sind „Speicher unserer Geschichte als Verbraucher und dienen zugleich als Machtdemonstration des Konsumkultes“. Bei seinen Arbeiten verschmelzen „Rituale und Sehnsüchte mit Traumwelten zu kostbaren Lustobjekten und dargebotenen Opfergaben“. Täglich ist er dran, auch ohne konkretes Konzept für 2024 – wie er eingesteht. Aber beim Jubiläum des 50. Geburtstags des BBK macht er in diesem Jahr mit, und freut sich, mit anderen in der Kunsthalle Darmstadt auszustellen. Weiterhin wird er wach bleiben und mit viel Gefühl, Fantasie, Gesprächen und Sich-Inspirieren lassen in seinem eigenen Rhythmus sein intuitives Ziel verfolgen. HIER GEHT‘S ZUM INSTAGRAM-ACCOUNT