Seit drei Dekaden touren „The Satelliters“ nun schon mit ihrem kongenialen 60s-Sound durch die Länder dieser Erde, haben unzählige Shows gespielt und zahlreiche Alben veröffentlicht. Homebase war und blieb indes Darmstadt. Am 4. November ist die Band in der „Bessunger Knabenschule“ live zu Gast und spielt eine fulminante Show zum Bandjubiläum. FRIZZmag: Als ihr vor dreißig Jahren mit den „Satelliters“ angefangen habt, war der Sound der 60s eher weniger angesagt – 1993 war Grunge auf seinem Höhepunkt und Bands wie „Nirvana“, „Soundgarden“ und „Pearl Jam“ das musikalische Maß der Dinge. Woher kam damals eure Liebe zum 60s-Garage-Rock? Steve: Richtig hip war der Sound damals nicht, stimmt. Aber wir mochten die Musik der 60s einfach schon immer und waren mit dem Herzen immer schon voll und ganz beim Rock'n'Roll und nicht bei irgendwelchen Popsachen oder anderen Trends. Damals musste man allerdings mitunter ziemlich lange nach „Garage Rock“-Platten suchen, aber es gab auch gute Compilations, über die wir neue Bands und Inspirationen finden konnten. Aber da musste man dranbleiben und echt Zeit investieren. Es gibt eine große globale Szene, die den Sound und den Lifestyle der 60er-Jahre verehrt. Es gibt regelmäßige Partys, es wird sehr auf Authentizität, auf originale Kleidung, Musikequipment und Lichtdesign geachtet. Warum hat diese Musik immer noch so eine Wirkung auf die Leute? Die 60s waren einfach eine wegweisende Epoche! Nicht nur in der Musik, auch in der Kunst, Mode, Architektur gab es einen großen Aufbruch, gesellschaftspolitisch sowieso. Ich glaube auch, dass diese Musik immer noch so stark wirkt, weil sie einfach von Herzen kommt. Und sie ist kein bisschen verstaubt – es kommen immer neue Bands, die neue Songs schreiben und den Sound am Leben halten. Natürlich haben die heutigen Bands einen ganz anderen Hintergrund. Was aber spannend ist, denn sie transportieren den alten Sound in eine neue Zeit. Und da entstehen oft sehr interessante neue Sachen. Deswegen kommen auch immer junge Fans nach. Die Leute sind recht eng vernetzt mittlerweile und tauschen sich auch international sehr viel aus. Dennoch ist es immer noch ein absolutes Underground-Ding. Bei aller Verehrung für die Vergangenheit geht eure Szene aber auch durchaus mit der Zeit: Die Bands haben alle Websites, sind auf „Facebook“ und „Instagram“ und die Szene tauscht sich auf diversen Portalen aus. Wie wichtig ist das Internet mittlerweile für eine derart global vernetzte Szene wie die eure geworden? Auch wenn wir gewissermaßen den Anachronismus leben, ist das Internet natürlich auch für unser Genre sehr wichtig geworden. Der Zugriff auf vieles ist wesentlich einfacher. Wo wir früher wochenlang Mailorder-Listen von Labels durchforsten mussten, reichen heute drei Klicks auf „Google“ und schon findest du das Video der gesuchten Band auf „YouTube“. Aber bei allen Vorteilen, die das Internet bietet, kommt’s immer noch in erster Linie auf die Menschen an und nicht auf die Darstellung in der virtuellen Welt. Der Austausch mit den Leuten ist durch nichts zu ersetzen. Die „Satelliters“ arbeiten größtenteils mit Agenturen und Labels aus dem Ausland, beispielsweise aus Spanien oder den USA. Dort ist auch euer langjähriges Label „Dionysus Records“, einer der renommiertesten Player des Genres, beheimatet. Wie kommt die Band aus Darmstadt an solche Partner? Letztlich über Mundpropaganda. Als wir dort unsere erste Platte gemacht haben, war das mit E-Mail und Internet ja noch kein Thema. Der Chef unseres ersten Labels aus Deutschland war damals zum Studium in Kalifornien und hat den Leuten von Dionysus unser Tape gegeben. Der Labelboss war sehr angetan und hat sich dann mit uns in Verbindung gesetzt, um ein Album zu machen. Das lief also ganz „oldschool“. Mittlerweile sind wir schon sehr lange unterwegs, entsprechend groß ist unser Netzwerk an Labelpartnern, Booking-Agenten und befreundeten Bands. Da gibt’s viel Austausch und das macht vieles heute sehr viel einfacher für uns. Ihr seid all die Jahre über eurem Genre und dessen Sound sehr treu geblieben. Gleiches gilt für eure Heimatstadt. Was allerdings verwundert – ihr verfügt über zahlreiche Vernetzungen in andere, wesentlich größere Städte. Warum hat die Musik nicht aus Darmstadt herausgeführt? In Berlin oder Hamburg wäre es für eine Band wie die „Satelliters“ unter Umständen einfacher gewesen. Vielleicht hören da ein paar Leute mehr unsere Musik. Aber letztlich sind das in der Hinsicht auch nur Dörfer. Und man zieht ja nicht einfach so wegen der Band um – da hängen ja vor allem Jobs, Familien und viele andere Dinge dran. Und den Wohlfühlfaktor sollte man auch nicht vergessen. Den Wunsch nach dem nächsten großen Schritt hatten wir aber nie. Es war klar, dass wir von der Musik nicht leben können, aber das auch zu keinem Zeitpunkt wollten. Insofern ist es gut, dass wir eine feste Homebase haben, die uns den passenden Rahmen gibt, um unsere musikalischen Ambitionen ausleben zu können. Nachdem ihr in euren Anfangstagen noch recht viele Coverversionen gespielt habt, finden sich auf euren zahlreichen Alben mittlerweile größtenteils eigene Kompositionen, die allerdings allesamt auch aus den 60s stammen könnten. Ist diese klare Soundvorgabe nicht mitunter auch ein stilistisches Korsett? Es liegt ja in der Natur eines Künstlers, sich weiterentwickeln zu wollen. Wir machen das schon sehr lange und es ist das, was wir können und gerne machen. Im Proberaum fallen uns schon hier und da spontan ganz andere Sachen ein, bei denen man aber auch schnell denkt „Oh, nee. Das geht gar nicht“ (lacht). Wir sind halt sehr klar auf unseren Sound fokussiert. Wir ziehen unser Ding durch und wenn uns eine Idee einfällt und sich beim Spielen gut anfühlt, machen wir was draus. Aber das Spektrum der 60s-Musik ist so groß und bietet eine solche Vielfalt von Surf, Beat bis Psychedelic-Rock. Da kann man wirklich aus dem Vollen schöpfen. Die Veröffentlichung eures letzten Albums „Zahstethomalex“ liegt bereits fünf Jahre zurück. Wie sieht es denn mit neuem Material aus? Zum Jubiläum hätte man eigentlich auch mit einem neuen Album oder zumindest einer Retrospektive gerechnet. Ist da was in Planung? Wir hatten zwischenzeitlich auch noch Singles veröffentlicht und waren auch sonst nicht untätig. Aber man muss auch sagen, dass uns die Pandemie, wie die meisten anderen Bands, ziemlich ausgebremst hat. Gigs waren schwierig, gemeinsam Proben oder ins Studio gehen teilweise auch. Aber mittlerweile sind wir wieder dran! Für Ende dieses Jahres ist zunächst ein Album mit unveröffentlichten Songs und Raritäten auf „Soundflat Records“ geplant, die leider schon einige Zeit auf ihre Veröffentlichung warten. Da kommt also noch etwas. Außerdem arbeiten wir an neuem Material für weitere Projekte. Und möglicherweise wird es im kommenden Jahr tatsächlich eine Art Retrospektive geben. Schauen wir mal. Wenn du so an die letzten dreißig Jahre Bandgeschichte zurückdenkst – welche Highlights fallen dir spontan ein und welche schlimmen Erinnerungen würdest du lieber gerne vergessen? Also zu Letzterem fällt mir die eine oder andere Auftrittslocation oder auch Schlafgelegenheit ein, die ich gerne vergessen möchte (lacht). Aber im großen Ganzen waren die ganzen Konzerte und Tourgeschichten immer wunderbar und haben uns auch nach vorne gebracht. Großartig war und ist natürlich, rumzukommen und auch die Möglichkeit, bereits mit einigen unserer Idole zusammengespielt haben zu dürfen, wie den „Standells“, den „Remains“ oder vor allem mit den legendären „Sonics“ bei ihrem ersten Reunion-Gig nach fünfunddreißig Jahren Pause 2007 in New York. Oder dass uns Little Steven (langjähriger Gitarrist von Bruce Springsteen) für seine Underground-Sendung „Underground Garage“ entdeckt hat und uns seither dort rauf und runter spielt. Berühmt werden ist ja nicht unser Thema, aber wenn solche Jungs das, was wir mit unseren Möglichkeiten tun, klasse finden, ist das schon cool, keine Frage! Vielen Dank für das Gespräch. www.thesatelliters.de
FRIZZmag präsentiert: „The Satelliters“ live Sa., 4.11., 19:30 Uhr, Bessunger Knabenschule, Darmstat