Mit ehrlichen, deutschsprachigen Texten und treibenden Rhythmen verschreibt sich STOPPOK seit über vierzig Jahren dem Rock und hat sich landauf, landab eine beachtliche Fangemeinde erspielt. In seinen Songs mischt er hier und da Elemente aus Folk und Blues bei und bastelt sich daraus einen Stil, der unverkennbar und eigen ist. Im Dezember kommt der Songwriter und Multiinstrumentalist nach längerer Auszeit endlich wieder für ein Solokonzert in die „Centralstation“.
FRIZZmag: Vor ziemlich genau einem Jahr hast du einen „süßen kleinen Herzinfarkt“ (Zitat STOPPOK, Anm. d. Red.) erlitten. Daraufhin musste deine Solotour auf dieses Jahr verschoben werden. Wie geht's dir inzwischen?
STOPPOK: Wieder gut. Im Nachgang klingt das dramatischer, als es sich angefühlt hat. Die haben mir drei Stents gesetzt, aber ich bin da eigentlich unbeschadet rausgekommen. Vor allem hatte ich nichts „Psychomäßiges“ im Nachgang. Damit haben ja auch einige nach einem Herzinfarkt zu kämpfen. Ich habe Glück gehabt, das kann man sagen, und jetzt läuft alles wieder wunderbar. Ich muss jetzt halt ein bisschen Fitness machen und so’n Zeug.
Du bist seit deinem 18. Lebensjahr als Musiker unterwegs, hast unzählige Konzerte gespielt. Wie hat sich das angefühlt, mal ein halbes Jahr gar nicht mehr auf der Bühne zu stehen? Was hast du in dieser Zeit gemacht?
Dank Corona war ich solche Auszeiten ja schon ein bisschen gewöhnt (lacht). Die Corona-Zeit habe ich sogar ein Stück weit genossen. Ich hätte wohl nie aus eigenem Antrieb so einen Stopp reingehauen, aber nachdem klar war, dass erst mal nix mehr geht, ist man aus diesem Trott rausgekommen. Und auch wenn das Touren ein schöner Trott ist, ist es halt ein Trott. Und da mal eine Pause einzulegen, hat sich gut angefühlt. Nach dem Herzinfarkt lief das ähnlich: einfach mal hinlegen und Klappe halten. Das gönnt man sich ja sonst selten. Ein paar Vorabendserien habe ich angeschaut, aber das konnte ich nicht lange. War zu schlimm. Ich habe dann lieber an neuen Songs gearbeitet. Aber ich feiere jeden Tag ab, dass mir das nicht auf der Bühne passiert ist. So unter Adrenalin hätte ich das vielleicht zu spät mitbekommen und dann wäre es nicht so glimpflich gelaufen.
Kamen da mitunter auch Gedanken an die Endlichkeit des Lebens? Gibt es da ein neues Bewusstsein für die verbleibende Lebenszeit?
Ja, das hatte ich aber auch vorher schon. Auf meinem neuen Album wird es einen Song geben: „Vom Tod kein Wort“. Da geht’s genau um diese Thematik des Nichtauseinandersetzens mit der eigenen Vergänglichkeit. Den Song hatte ich tatsächlich schon vor meinem Infarkt geschrieben. Dieses Bewusstsein ist einfach eine Sache des Alters. Wenn man so sein Alter und seine Perspektiven durchrechnet, ist das eigentlich ganz normal, dass man über diese Dinge nachdenkt. Aber der Tod macht mir keine Angst. Irgendwann ist einfach Schluss. Punkt. Ich sehe das Leben recht entspannt. Was allerdings nicht heißt, dass mir die Dinge am Arsch vorbeigehen würden.
Im Sommer hast du wieder erste Konzerte gespielt und seit November bist du wieder auf „Betriebstemperatur“ und ordentlich live unterwegs. Am 13. Dezember spielst du auch in der „Centralstation“, in der du bereits seit vielen Jahren regelmäßig zu Gast bist. Welche Verbindung hast du zu Darmstadt?
Eine lange und gute. Ich war seit Ende der Siebzigerjahre immer wieder hier. Damals habe ich öfter in der „Krone“ gespielt und hatte einen guten Draht zu Tili Wenger, dem leider schon verstorbenen Besitzer der „Krone“. Und ich habe schon seit langer Zeit gute Freunde in Darmstadt.
Du warst auch lange mit dem Songwriter Bernie Conrads befreundet, der in den Siebziger- und frühen Achtzigerjahren an der Bergstraße und im Odenwald lebte und mit seiner „Autobahnband“ auch hier in der Region ziemlich viel gespielt hatte und sehr beliebt war. Welchen Stellenwert hatte Bernies Musik für dich?
Schon einen sehr großen! Seine Songs habe ich ziemlich abgefeiert, kann ich sagen. Das waren nach den Songs von Udo Lindenberg, mit dessen Rocker-Attitüde ich aber nicht so viel anfangen konnte, die ersten Lieder, die mich echt abgeholt haben. Dieses Folkig-Freakige und die Lockerheit, die Bernie und seine „Autobahnband“ hingelegt haben, gefielen mir tierisch gut. Das hat mich sehr begeistert und beeinflusst. Wir sind dann in Kontakt gekommen und als Bernie dann später einen meiner Songs, „Alles nur ein Film“, aufgenommen hat, war das ein echter Ritterschlag für mich. Wir haben auch später noch immer wieder gemeinsame Sessions gehabt und die waren immer wieder großartig. Da sind stapelweise Ideen entstanden. Auf dem neuen Album habe ich zum Beispiel einige von Bernies Zeilen für einen meiner Refrains verwendet: „Wenn dich mal dein Glück verlässt, dann halt dich am Geländer fest. Und wenn da kein Geländer ist, merkst du vielleicht, wer du wirklich bist.“
Gab es damals noch andere deutsche Songwriter, die dich beeinflusst haben, oder waren deine Vorbilder, wie bei Bernie, hauptsächlich im angloamerikanischen Folk und Rock zu finden?
Musikalisch auf jeden Fall. Aber Bernie war ja großer Dylan-Fan und ich hingegen eher der englischen Folk-Szene zugetan: John Martin, „Fairport Convention“, „Pentangle“ und so.
In den letzten zehn, zwanzig Jahren sind immer mehr junge deutsche Songwriter*innen auf den Plan getreten. Was hältst du von Kolleg:innen wie Gisbert zu Knyphausen, Hannes Wittmer, Dota Kehr oder Philip Bradatsch?
Es gibt viele tolle junge Leute. Da ist eine echte Weiterentwicklung zu sehen. Auf meinem neuen Album habe ich beispielsweise ein Duett mit Alin Coen gemacht. Die beste deutschsprachige Sängerin im Moment ist für mich Ami Warning, mit der ich auch schon einige Sachen gemacht habe. Und bei den Jungen scheint sich auch ein Kreis zu schließen: Wie ich gehört habe, ist „Danger Dan“ ein Bernie-Conrads-Fan.
Im Frühjahr hast du in Hamburg ein Konzert zur 30-jährigen Veröffentlichung von „Happy End im La-La-Land“ gespielt. Das Album war ein wichtiger Schritt deiner musikalischen Laufbahn, da es deine Abkehr von der Majorindustrie einläutete und trotzdem sehr erfolgreich lief. Wie siehst du das Album heute?
Immer noch wichtig. Da sind Songs wie „Wetterprophet“ drauf, die ich heute noch spiele und die nichts an Intensität eingebüßt haben. Da klingt nichts wie „dreißig Jahre alt“. Bernies „Tage wie dieser“ hatte ich ja auch auf dem Album. Der Song ist sogar von 1977 und klingt auch immer noch nach hier und jetzt. Oft hat man das ja, dass was sprachlich nicht mehr passt oder sonstwie etwas aus der Zeit ist und so geht’s mir mit dem Album überhaupt nicht. Ich habe mich mit der Platte irgendwie „freigeschwommen“, denn ich war ja mit „La-La-Land“ und Songs wie „Dumpfbacke“ an einem Punkt, wo ich in die A-Liga hätte einsteigen können und mich entscheiden konnte, ob ich das will oder nicht will. Ich war da in einer guten Position und habe mich für meinen ganz eigenen Weg und meine Unabhängigkeit entschieden.
2020 erschien dein aktuelles Album „Jubel“. Es gab ja seither nicht allzu viel Grund zum Jubeln. Was hat es mit dem Titel auf sich?
Es geht da um meinen ganz persönlichen Jubel. Dass ich so lange schon dabei bin, dass ich Entscheidungen, wie die eben angesprochene, getroffen habe. Und nicht zuletzt auch mein Jubel darüber, dass ich weiter kreativ sein kann und nach all den Jahren immer noch Bock auf die Bühne habe.
Über die Jahre hast du 19 Studio- und mehrere Live-Alben aufgenommen. Über den Nachfolger für „Jubel“ haben wir schon hier zum Teil gesprochen. Wann wird das neue Album erscheinen und wie wird es heißen?
Die Platte wird „Teufelsküche“ heißen – der Gegenpol zu „Jubel“ sozusagen – und im Februar erscheinen. Ich habe es mit meiner Band und Gästen live aufgenommen, sehr oldschool analog auf Tape. Ziemlich entgegen allem, was heute so läuft. Wir haben versucht, einfach das echte Ding wieder einzufangen. Und ich glaube, das ist uns sehr gut gelungen.
Vielen Dank für das Gespräch.
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FRIZZmag präsentiert: STOPPOK live
Mi., 13.12.23, 20 Uhr, Centralstation, Darmstadt (ausverkauft!)
Sa., 9.3.24, 20 Uhr, Musiktheater Ex, Bensheim (mit Band)
FRIZZmag verlost 2x2 Tickets für das bereits ausverkaufte Konzert in der Centralstation!
Bitte sende eine E-Mail mit deinem vollständigen Namen und Kontakt an verlosung@frizzmag.de. Betreff: „STOPPOK“
Einsendeschluss: 8.12.2023
Die Gewinnbenachrichtigung erfolgt per E-Mail.