© Klaus Mai
Jan Sibbersen
Kein Ironman schwamm so schnell wie er: Jan Sibbersen stieg am 11. Juli 2004 nach 42:17 Minuten aus dem Langener Waldsee. Dieser Rekord für den 3800 Meter langen Wasserweg innerhalb eines Langdistanz-Triathlons steht noch heute. Und in der 38 Jahre langen Geschichte des Klassikers auf Hawaii war nur ein Starter schneller als der frühere Nationalschwimmer, der 2000 nur knapp die Olympiaqualifikation verpasste. Auch nach der Profikarriere bewegt sich der gebürtige Coburger erfolgreich im nassen Element. Der heute 41 Jahre alte Sibbersen gründete 2007 die Firma sailfish. Der Name steht für den schnellsten Fisch (bis zu 111 km/h), aber seit nun fast zehn Jahren auch für hochklassige und beliebte Neopren-Anzüge. Im FRIZZ-Interview spricht der Unternehmer über seine aktive Zeit, über Patrick Lange und den kürzlichen Umzug der Firma innerhalb von Pfungstadt.
FRIZZ: „Mister first out of water“ - wie oft hörst Du diesen Titel noch?
Jan Sibbersen: Definitiv nicht mehr so oft wie früher, aber ich versuche mindestens einmal im Jahr an einem Triathlon teilzunehmen und das auch zu erreichen. Bei unserem eigenen Rennen, wie ich es fast nennen möchte, dem sailfish-Triathlon in Barcelona, habe ich es bisher geschafft.
Aber wie oft hast Du es als überragender Schwimmer verflucht, dass Triathlon aus drei Disziplinen besteht?
Zwei hätten ja auch gereicht (lacht). Wenn ich eingeholt wurde, Langdistanz mal ausgenommen, dann war das meistens auf der Laufstrecke. Für mich hätten fünf Kilometer Laufen bei der Olympischen Distanz auch gereicht, manchmal sogar 9,8 Kilometer…
Wie sehr hat die Schlussdisziplin am Spaßfaktor genagt?
Überhaupt nicht, ganz ehrlich. Als ich in den Ironman-Sport als Profi eingestiegen bin, wusste ich sehr schnell, dass es wahnsinnig schwer werden würde, so ein Ding mal zu gewinnen. Ich war einfach von der Körperstatur zu schwer, habe es nie annähernd unter 80 Kilo geschafft. Deswegen habe ich mich früh auf das Thema „First out of water“ und die Vermarktung der Geschichte konzentriert.
Hast du umso mehr bewundert, wie Patrick Lange beim Marathon auf Hawaii durchs Feld gepflügt ist?
Das war unglaublich. Ich war live dabei und stand beim Laufen bei Kilometer 10 auf dem Alii Drive. Der einzige, der annähernd so gut ausgesehen hat, war Jan Frodeno. Ich habe Patrick zugerufen: Lauf genau so weiter, bleib ruhig, behalte die Nerven. Ich habe aber nicht gedacht, dass er das so durchläuft. Ich bin dann raus auf den Highway und habe Patrick bei Kilometer 34 wieder gesehen, wo er gerade auf Platz drei vorgelaufen war. Eine unglaubliche Leistung, und dabei noch den Laufrekord von Mark Allen unterboten - mehr kann man sich im ersten Jahr auf Hawaii nicht wünschen.
Patrick Lange hat einmal gesagt: sailfish ist für ihn mehr als nur ein Sponsor, denn er bekam so vor allem das Selbstvertrauen gegeben, dass jemand auf ihn setzt.
Wir sponsern ihn seit Tag eins der Marke, also seit 2007. Ich habe an ihn geglaubt, weil er einfach alles hat für einen erfolgreichen Athleten. Er kann gut schwimmen, ist auch beim Radfahren gut dabei und spä- testens nach seinem Sieg in Texas konnte man sehen, dass er auch einen Marathon gut laufen kann. Er hat sich ja auf allen Distanzen probiert, auch mit Erfolg. Aber richtig gerappelt hat es erst beim Ironman. Umso besser, und auch zur richtigen Zeit
Sailfish war mit sechs Athleten vertreten in den Top Ten von Hawaii. Wie wichtig ist die Präsenz als Marke im Profisport?
Es hat ein bisschen gedauert, bis ich merkte, dass das ein historisches Ergebnis für die Marke ist mit fünf Top-Ten-Profis bei den Männern und Platz vier von Anja Beranek bei den Frauen. Gleichzeitig denke ich, dass man das nicht überbewerten darf. Denn wir machen ja nicht nur Produkte für die Weltelite. Natürlich schauen die Leute darauf, aber wir bemühen uns gleichzeitig auch, dass der Einsteiger ein tolles Produkt hat, mit dem er Spaß an dem Sport hat.
Du lässt es Dir nicht nehmen, die Anzüge selbst zu testen. Wie spannend ist so ein Moment, mit dem neuen Anzug ins Wasser zu gehen?
Ich teste die Anzüge immer im Nordbad und gerade, wenn wir mit einer kompletten Neuentwicklung anfangen, ist das superspannend. Man kann einen Anzug nur bis zu einem gewissen Grad am Reißbrett oder Computer entwickeln. So habe ich immer versucht, meine Erfahrung als Schwimmer mit über 40.000 Kilometern im Wasser einzubringen. Damit hilft man nicht nur der Spitze, sondern sieht auch, was einem Athleten mit schlechter Wasserlage hilft. Wir haben unsere vier Anzüge, im nächsten Jahr fünf, so entwickelt, dass jeder seine eigene Charakteristik hat und wir dadurch jeden Typus Schwimmer in den „richtigen“ Anzug bringen können. Derzeit liegt der Fokus jeweils auf mehr Auftrieb, mehr Flexibilät, Allround und dann gibt es noch eine BudgetVariante für jemanden, der nicht gleich 700 Euro ausgeben will.
Es wird ja gerne vom schwarzen Gold aus Kautschuk gesprochen. Aber wieso muss ein Neopren-Anzug immer schwarz sein?
In einem Feld von 3000 Startern könnte man doch wunderbar mit einem farbigen Anzug auffallen… Das hat mit der Zusammensetzung des Neoprens zu tun. Die Dehnbarkeit und Geschmeidigkeit des Materials wird auch dadurch gewährleistet, dass an einem bestimmten Punkt des Produktionsprozesses Öl beigefügt wird - und Öl ist nunmal schwarz. Man kann diverse Farben auftragen, die aber langfristig zerbröseln durch den chemischen Zerfallsprozess und die Sonneneinwirkung. Streng genommen sollte ein Anzug komplett schwarz sein, will man seine Funktionalität nicht beeinflussen.
sailfish importiert 120 Artikel in 24 Länder. Ihr seid jetzt umgezogen, weil ihr ein grö- ßeres Lager braucht… Es scheint zu laufen.
Wir waren sieben Jahre in der Goethestraße in Pfungstadt und saßen am Ende quasi übereinander. Bei Ankunft eines Containers hat sich das Büro allmählich in ein Lager verwandelt. Das war nicht mehr tragbar. Wir sind auch von 2014 mit fünf Festangestellten auf jetzt zehn Festangestellte gewachsen. Ich vermisse jetzt zwar ein bisschen den Garagencharakter. Der Schritt war als Unternehmen aber einfach unerlässlich, hat allerdings auch einiges an Kraft und Geld gekostet.
Ihr habt sicher reichlich Nachfragen von Athleten, Verbänden und Vereinen. Wie schwierig ist es, die richtige Mischung im Sponsoring zu finden?
In der Tat haben wir hunderte Anfragen jedes Jahr. Wir versuchen, einen guten Mix hinzubekommen, zum einen die Topathleten zu fördern, zum anderen aber auch vielversprechenden Talenten die Möglichkeit zu geben, dass der Weg nicht am Material scheitert. Natürlich müssen wir auch internationaler schauen, bei den großen Veranstaltungen dabei sein. Last but not least haben wir aber auch eine ordentliche Portion Lokalpatriotismus in unserer Firma, in dem wir sowohl den DSW Darmstadt als auch TuS Griesheim unterstützen.