© Gabi Bresslein
Radio Badesalz
Gerade in Krisenzeiten ließe sich „kreativ mit Sprache, Stimme und Sounds“ arbeiten, sagt Henni Nachtsheim. Das legendäre Comedy-Duo Badesalz kann auch Radio.
Genervt seien sie gewesen von dieser Zwangspause, „weil viele unserer Auftritte auf unbestimmte Sicht verschoben wurden. Da wollten wir nicht so gelähmt rumsitzen“, diktiert Henni Nachtsheim gerade der Deutschen Presse-Agentur ins Mikrofon. Gemeinsam mit dem zweiten Badesalz-Comedian Gerd Knebel sei dann gemeinsam die Idee für das Online-Format „Radio Badesalz“ entstanden. Ein Projekt also, wie geschaffen für ein humoristisches Duo, das in diesem Jahr aufgrund der Corona-Pandemie Dutzende Auftritte absagen musste.
Der Audio-Bereich sei dabei keineswegs eine künstlerische Krücke, um sich durch den Lockdown zu hangeln, betont der 63-Jährige. Vor zwei Jahren habe man nach vierzehnjähriger Pause mit „Mailbox-Terror“ wieder ein Album veröffentlicht, das sich in den Comedy-Charts von Media Control mehrere Monate an der Spitze halten konnte und am Jahresabschluss auf Platz zwei landete. Weniger aus monetären Gründen, „mehr aus einem Heidenspaß heraus“ ließe sich gerade in Krisenzeiten „kreativ mit Sprache, Stimme und Sounds“ arbeiten. Genau dafür habe man sich mit dem eigenen Radiosender eine neue Spielfläche erschlossen. Während der Betrieb auf den verstaubten Comedy-Bühnen des Landes nur langsam Fahrt aufnimmt, jagen die Rodgauer Tausendsassas in den nächsten Tagen ihre subversiv-heiteren Konversationen durch den Äther. Gebabbel statt Gedaddel? Jedenfalls feiert der hessische Humor nun abseits nicht stattgefundener Apfelweinfeste eine beeindruckende quasi-analoge Wiedergeburt in der Retromaschine Radio - selbst wenn das komplette terrestrische Gedöns natürlich mittlerweile durch Serverfarmen simuliert wird.
Selbstredend werden zwei Kunstfiguren moderieren, die sich in den letzten Jahren überwiegend digital in die Herzen der Badesalz-Fans geschlichen haben. Nobbi und Ebbi aus dem YouTube-Format „Aso-TV“ werden auch auf „Radio Badesalz“ in gewohnt ungelenker Art durch die Sendung führen, ist sich der Ex-Exil-Neu-Isenburger Nachtsheim sicher. „Die beiden sind mit ihrer Inkompetenz genau die richtigen.“ Es sind zwar keine Ansichten wie aus dem Kellerloch, die hier versendet werden, aber das eigene Domizil musste dann doch recht zeitintensiv zum Funkhaus umfunktioniert werden: „Wir haben einen Raum bei mir zu Hause entrümpelt und renoviert, und dort dann einen richtigen Aufnahmeraum eingerichtet.“
Für den Saarländischen Rundfunk liefen sich Badesalz jüngst schon mit einer Homeoffice-Comedy warm.
Jeden Donnerstag ab 19 Uhr soll nun live eine Stunde lang aus den „Drunter und Drüber-Studios“ in Rödermark gesendet werden. Zur Radioshow aus dem Kreis Offenbach gehören laut Nachtsheim „Straßen-Interviews, ein hessischer Guru, Interaktion mit Hörerinnen und Hörern, bescheuerte Buch- und Filmtipps und Wettervorhersagen, wie man sie noch nie gehört hat.“ Auch sollen die „unwichtigsten Verkehrsnachrichten der Welt und ein bisschen Livemusik“ ihren festen Programmplatz finden. Schließlich sei das legendäre hessische Spaßmacher-Duo zwar daheim, aber nicht im humorlosen Raum. „Wenig Script, viel Freestyle“, verspricht Nachtsheim Mut zur Improvisation.
Als Hörfunk-Novizen, wie sie uns Henni Nachtsheim gerne verkaufen möchte, gehen die Badesalz-Wiedergänger Nobbi und Ebbi aber wohl nicht in die Historie des Kult-Duos ein. Jedenfalls entwickelte der gebürtige Wuppertaler Nachtsheim diesen Sommer für den Saarländischen Rundfunk mit „Käthe und Konrad in Quarantäne“ ein äquivalentes Figurenpaar, das jetzt idealerweise als Ideenschleuder für das kommende Anschlussformat taugen könnte. Es gab ja auch einiges zu besprechen im Comedy-Homeoffice ihres Eigenheims, in dem das gesetzte Paar nach über dreißig Ehejahren eingemauert und isoliert schien, und Nachtsheim lieferte für die SR 3-Hörer eben jene Dialoge, die leichtfüßig menschelnd aus der Ausgangssperre und der Coronakrise herausführten. Von diesem saarländischen Anti-Katastrophen-Kabarett darf es jetzt gerne einen Nachschlag geben.
Zu hören ist die Sendung jeden Donnerstag ab 19 Uhr auf www.badesalz.de. Los geht es am 24. September. Wer eine Ausgabe verpasst hat, kann diese in der Folgewoche als Podcast bei Apple, Spotify oder ähnlichen Anbietern abrufen.