©Klaus Mai
Katrin Pitz
- Der Wettbewerb gilt als der renommierteste für deutschsprachige Lyriker*innen bis 35, ist mit 8.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre ausgelobt. Aus 357 Bewerber*innen hat das dreiköpfige Lektorat Katrin als eine der 12 Finalist*innen nominiert.
FRIZZmag: Hi Katrin, gut einen Monat vor der öffentlichen Lesung, welches Gefühl überwiegt, Stolz, Schiss oder: Ich kann es immer noch nicht fassen?
Katrin Pitz: So ein bisschen von allem. Ich freue mich auf die Lesung und noch bin ich nicht akut aufgeregt. Ich glaube, das kommt kurz davor. Ich freue mich jedenfalls sehr, dabei sein zu können!
Ich durfte Deine Gedichte ja schon mal vorab lesen und war mega beeindruckt. Ich gestehe, ich stehe sonst auf Slam-Poetry. Und Du?
Ich habe mich noch gar nicht so viel damit auseinandergesetzt. Ich war einmal in Berlin auf einem Poetry-Slam und einmal hier in Darmstadt in der Centralstation. Berlin hat mir sehr gut gefallen, in Darmstadt fand ich die Texte nur teilweise gut. Ich glaube, ich mag dann doch lieber die klassischen Wasserglaslesungen.
Die Leonce-und Lena-Preis-Lesungen sind ja auch klassische Wasserglaslesungen, wo vorne jemand konzentriert liest, zwischendrin mal nen Schluck nimmt und das Publikum regungslos schweigt. Ist das eher Deine Welt?
Ja. Ich mag es, wenn der Text im Mittelpunkt steht. Ich bin nicht so dafür zu haben, wenn Sachen lustig sein sollen. Das hat natürlich auch seine Berechtigung. Aber ich mag auch ernste Texte sehr gerne und ich mag es, wenn die ihren Raum haben, wirken zu können. Und wenn es mehr um den Text, als um die Person.
Wie lange schreibst Du schon?
Seit ich 14 bin, also 15 Jahre jetzt.
Und wie hat das angefangen?
Ich hatte in der Unterstufe einen Deutschlehrer, der sehr motivierend war und uns vermittelt hat, dass unsere Ideen etwas wert sind. Er hat uns kleine Theaterstücke schreiben lassen, das habe ich sehr gerne gemacht. Ich hab dann zufällig eine Ausschreibung von den Berliner Festspielen gesehen. Das klang spannend und ich habe mich hingesetzt, eine Kurzgeschichte geschrieben und sie da hingeschickt.
Und, hats geklappt?
Ja, tatsächlich. Ich hätte nicht gedacht, dass es direkt beim ersten Versuch klappt. Doch dann kam Post mit einer Einladung zum Treffen in Berlin mit Workshops, Lektoratsgespräch und Lesung.
Wie kommst Du zu den Ideen für Deine Texte?
Ich setze mich selten bewusst hin und denke, ich will jetzt Ideen produzieren. Meistens habe ich schon Sachen notiert, die mir in den letzten Tagen und Wochen irgendwie begegnet sind, irgendetwas, was ich interessant fand. Eigentlich ist also immer Material da, mir fehlt eher die Zeit, um es auszuarbeiten.
Ich hab Dich mal gegoogelt, Du hast ja schon ganz schön früh so richtig prominente Sachen gemacht und warst 2015 sogar als Stipendiatin des Literatur-Kurses beim Bachmann-Preis dabei. Wie war das da so?
Das war toll. Wir waren drei Tage vor dem offiziellen Wettbewerb da und hatten als Gruppe mit zehn Leuten verschiedene Workshops und am Ende eine öffentliche Lesung. Wir durften dann noch als Gäste beim Bachmann-Preis dabeibleiben, haben uns die Lesungen angehört und die Preisverleihung angeschaut. Da ist echt ganz schön viel Trubel, was man es sonst nur kennt, wenn Fußball-WM ist oder so. Aber da geht es um Literatur, Menschen machen Public-Viewing für Lesungen, das ist schon verrückt und schön.
Gedichte schreibt man ja nicht unbedingt, um damit Geld zu machen. Schreibst Du aus einem inneren Antrieb heraus?
Ja, würde ich schon sagen. Aktuell ist es nicht das, womit ich mein Geld verdiene. Und es ist auch nicht mein Ziel, damit meinen Lebensunterhalt zu verdienen, dafür mag ich meinen Job zu gerne. Ich kann einfach das schreiben, was ich schreiben möchte.
Das sind mehr Gedichte oder mehr Prosa?
Vom Verhältnis her ist es mehr Prosa, was ich schreibe. Aber manche Texte entscheiden einfach für sich, dass sie lieber ein Gedicht werden wollen.
Du bist aktuell in der Darmstädter Textwerkstatt, deren Teilnehmer ja ganz erfolgreich sind, in allen möglichen Wettbewerben. Was macht Ihr da und was bringt Dir das?
Wir treffen uns einmal im Monat im Literaturhaus, es melden sich immer zwei Teilnehmer an pro Abend, die gerne ihre Texte vortragen möchten und die werden dann diskutiert. Das ist für mich persönlich sehr hilfreich, da kriegt man sehr gute Rückmeldung. Wir haben die Arbeitsweise, dass der, der gelesen hat, sich zurückhält bis ganz zum Ende und erst dann eine persönliche Stellungnahme geben kann. Das finde ich auch ein gutes Vorgehen, weil man erst mal sammeln kann, was die anderen gehört und verstanden haben, welche Vorschläge sie machen und was sie nicht so gut finden.
Und das hältst Du dann so locker aus, so ganz cool?
Natürlich steckt da auch immer ein bisschen Herzblut mit drin. Aber ich freue mich auf jeden Fall über die Kritik, weil ich sie so nicht oft bekomme, denn die meisten Leute in meinem direkten Freundeskreis sind eher technisch orientiert. So weiß ich, womit ich mich nochmal an den Schreibtisch setzen kann, um es besser zu machen.
Was machst Du eigentlich genau beruflich? Und würdest Du lieber nur noch schreiben?
Ich habe Maschinenbau studiert und arbeite an der TU als wissenschaftliche Mitarbeiterin. Es gibt wenig Überschneidungsbereiche, ich mag beides schon lange und es steht in keinem Widerspruch. Ich hätte gerne mehr Zeit zum Schreiben und würde durchaus gerne ein paar Stunden weniger arbeiten, aber schon noch gerne weiterhin in einem geregelten Tagesberuf.
Hast Du Hobbys, ne Clique, gehst Du gern in die Kneipe oder was machst Du sonst so, wenn Du nicht schreibst, schläfst oder arbeitest?
Ich lese ziemlich viel, ich gehe auch gerne ins Theater, gehe gerne auf Lesungen, auf Konzerte. Ich schwimme und laufe sehr gerne, im Sommer geh ich auch mal surfen.
Du hast Dich vor der Bibliothek auf der Lichtwiese fotografieren lassen, warum?
Ich setze mich da gerne zum Schreiben hin, das mache ich manchmal nach Feierabend, noch für ein paar Stunden, weil es angenehm ruhig ist, weil ich nicht so abgelenkt bin wie zuhause. Ich mag die Bibliothek auch sehr gerne von außen, sie hat ein paar schöne Wände, in die Glassteine eingelassen sind.
Du bist ja nicht in Darmstadt geboren und aufgewachsen. Fühlst Du Dich schon als Darmstädterin?
Ich wohne hier sehr gerne. Ich habe zwischendrin mal in Berlin gewohnt, was mir nicht so gut gefallen hat. Berlin ist als Stadt auf jeden Fall interessant, aber als Wohnort nicht das Richtige für mich. Ich bin ich sehr gerne nach Darmstadt zurückgekommen, es hat alles was ich gerne hätte in einer Stadt, ist aber auch nicht so riesig. Man kann alles zu Fuß machen, ich fühle mich jedenfalls sehr wohl hier.
Also, wir FRIZZen gehen mal ganz lokalpatriotisch davon aus, dass Du einen der drei Preise gewinnst. Was wäre für Dich persönlich ein Erfolg?
Für mich ist es schon ein Erfolg, dabei zu sein. Ich freue mich, meine Gedichte lesen zu dürfen, ich bin sehr gespannt, wer noch lesen wird und ich glaube, da werden sehr viele gute Texte dabei sein. Ich habe mir ehrlich gesagt noch gar nicht so konkret Gedanken darüber gemacht, was da preismäßig passieren könnte.
Dann alles Gute, wir drücken die Daumen. Und danke fürs Gespräch.
katrin_pitz.vita
*20.6.1989 in Marburg-Wehrda, aufgewachsen und Abi in Biedenkopf, 2008 bis 2014 Studium Maschinenbau an der TU Darmstadt, jetzt beschäftigt als Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU. 2004 und 2008 Preisträgerin des Treffens junger Autoren der Berliner Festspiele, 2006 und 2007 Preisträgerin der Jugendliteraturwerkstatt Graz, 2007 Stipendiatin der Stiftung Niedersachsen, 2015 Stipendiatin des Literatur-Kurses im Rahmen des Bachmann-Preises, 2018 Merck-Stipendium der Darmstädter Textwerkstatt.