©Rekha Ober
Mit ihrem „Sound of the Forest“-Festival erfreuen die Brüder Fritz, Max und Karl Krings bereits seit 2009 die Herzen von Musikfans aus ganz Deutschland und haben den Odenwald als kulturellen Standort auf die Festivalkarte gesetzt. Mit ihrer Agentur Perepherique, einem Netzwerk kreativer Köpfe verschiedenster Metiers, residieren die Brüder in einer alten Ölmühle nahe Michelstadt und lassen die Kultur im Odenwald (und weit darüber hinaus) hochleben. FRIZZmag traf Fritz und Max Krings zum Gespräch.
FRIZZmag: In diesem Jahr veranstaltet ihr bereits zum neunten Mal mit großen Erfolg das „Sound of the Forest“ Festival am schönen Marbachstausee. Wie seid ihr damals eigentlich auf die Idee gekommen, im tiefsten Odenwald ein Festival zu veranstalten?
Fritz: Der Odenwald ist einfach unsere Heimat, daher lag die Entscheidung nahe. Und auch aus Besuchersicht ist das Gelände am Marbachstausee einfach perfekt. Das ist mitten in der Natur und sehr schön gelegen. Festivals an irgendwelchen Rennbahnen oder auf irgendeinem Acker braucht kein Mensch. Daher haben wir uns damals für diesen Rahmen entschieden, lange bevor Trends wie „green camping“ aufgekommen sind.
FRIZZmag: Welchen Anteil am Erfolg des „Sound of the Forest“ hat das Gelände, eurer Meinung nach?
Fritz: Egal, wer bei uns oben im Line up steht, der Headliner steht schon immer vorher bei uns fest – und das ist die Location. Die Musik ist natürlich keine Nebensache bei uns, aber sie soll mehr der Soundtrack zu einem vielfältigen Wochenende in der Natur sein. Deswegen haben wir von Anfang an darauf Wert gelegt, ein besonderes Ambiente mit schönen Illuminationen und verschiedenen „Spielplätzen“ zu schaffen, wie Rutschbahnen im See, Trampoline und vieles mehr. Auch ein ausgefallenes Essens- und Getränkeangebot war uns immer wichtig. Kurz: wir haben das Festival so gestaltet, wie es uns auch als Besucher gefallen würde.
FRIZZmag: Hättet ihr jemals damit gerechnet, dass sich das Festival derart erfolgreich entwickeln würde?
Fritz: Natürlich war unser Antrieb schon, das geilste Festival der Welt auf den Weg zu bringen, das ganz viele Leute anzieht. Aber natürlich waren wir dann erstmal froh über jeden Besucher, hatten aber auch schon früh das Gefühl, dass sich da etwas Großes entwickeln kann. Aber letztendlich hat es uns dann schon überrascht, dass das Festival dieses Level erreicht hat.
FRIZZmag: Ihr seid ja nicht nur mit dem Sound of the Forest sehr erfolgreich, sondern habt seid mit eurer Agentur Perepherique in den vergangenen Jahren großes kreatives und unternehmerisches Geschick an den Tag gelegt. Perepherique ist in den unterschiedlichsten kreativen Bereichen, wie Musikproduktion, Künstlermanagement oder Booking aktiv. Woher kam die Idee, auch noch eine eigene Agentur zu gründen?
Max: Pherepherique ist ursprünglich aus einem Kollektiv von HipHop und Graffiti-Künstlern aus dem Rhein-Main-Neckar-Gebiet entstanden. Es ging darum, kreative Synergien zu bündeln und so haben sich Fotografen, Musiker, Studioleute, Videofilmer und andere zusammengefunden. Pherepherique wollte eben nicht einfach ein Label sein, sondern alle Bereiche rund um die Musik abdecken. Vom Studio über Webdesign, Label, Verlag und Booking. Wir sind ja aus der Provinz und daher gewohnt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Mit der Zeit wurde die Agentur dann Anlaufstellen für weitere Künstler, wie Jules Kulmbacher oder Ira May.
FRIZZmag: Allerdings stellt man sich den Aufbau eines Musikstudios oder den Kauf von Filmequipement erst einmal ziemlich kostenintensiv vor.
Fritz: Wir waren damals als Band ziemlich auf dem Sprung und hatten einige Angebote von Labels, aber es war uns wichtig, alles in der Hand zu behalten und selbst zu machen. Wir haben uns das dann alles selbst drauf geschafft und statt viel Geld in ein Musikvideo zu stecken, haben wir uns dann Equipment gekauft und unsere Videos selbst gedreht, was langfristig gehen sicher die kostengünstigere Idee war. Mit der Zeit haben wir dann bei Perepherique ein großes Netzwerk verschiedener kreativer Köpfe, mit denen wir einen sehr großen kreativen Bereich abdecken und autark arbeiten können. Mittlerweile geht das auch über den reinen Musikbereich hinaus, beispielsweise vermarkten wir mit „Wilder Hirsch“ unser eigenes Festivalgetränk und bieten mit unserem Club „Unterholz“ in Michelstadt ein ganzjähriges Kulturangebot, das sich übrigens sehr gut mit unserem Festivalbooking ergänzt, weil wir so Künstler auch schon vor ihrem Auftritt auf dem „Sound of the Forest“ in der Region vorstellen können.
FRIZZmag: Wie bereits erwähnt, ist eure Agentur in vielen kreativen Bereichen aktiv. Wie viele kleine Firmen unter einem Dach. Wie muss man sich die Organisation von Pherepherique vorstellen?
Max: (lacht) Kompliziert!
Fritz: Man muss da die Balance finden. Nur auf die Kreativität zu schauen ist eigentlich unmöglich, denn das muss auch betriebswirtschaftlich gesehen werden. Wir haben bei uns fünfzehn Leute, die fest für uns arbeiten und bezahlt werden wollen. Das bedeutet Verantwortung und man stellt schnell fest, dass das was man früher so mal zum Spaß
gestartet hat, ein richtiges Geschäft geworden ist. Wir sind mittlerweile eben eine richtige Firma und entsprechend organisiert. Trotzdem ist es wichtig, dass bei allen unternehmerischen Entscheidungen nicht die Kreativität auf der Strecke bleibt. Das ist nicht immer einfach, aber wir arbeiten stetig daran. Manchmal lassen wir aber auch dem kreativen Aspekt freien Lauf. Es gibt zwei, drei Projekte pro Jahr, da gehen wir „all in“. Wir hatten beispielsweise mit Ira May ein Album gemacht, von dem wir absolut überzeugt waren und haben da alles, was wir hatten, reingesteckt. Der Erfolg hat uns dann Recht gegeben – das Album ist in Iras Heimat, der Schweiz, auf Platz eins gegangen. Aber hätte das nicht geklappt, wären wir ziemlich in der Bredouille gewesen. Solche Risiken sind wir aber schon früher beim „Sound of the Forest“ immer wieder mal eingegangen. Wenn wir aber etwas cool finden und daran glauben, machen wir es einfach. Diese Haltung haben wir uns immer bewahrt.
FRIZZmag: Wie ist es eigentlich, mit den eigenen Brüdern eine Firma aufzuziehen?
Fritz: Kann schon mal schwierig werden. Wir waren ja auch schon als Band viel unterwegs und wenn man gemeinsam lange Zeit im Bus verbringt, kann sich da schon mal so ein Lagerkoller einstellen und man bekommt sich in die Haare. Unter Brüdern hat man aber den Vorteil, dass man so offen und ehrlich miteinander sprechen und diskutieren kann, wie man das mit Kollegen oder Bekannten nicht könnte. Natürlich hat die Zusammenarbeit unter Brüdern hier und da auch Nachteile, ich denke aber, dass bei uns die Vorteile überwiegen. Vor allem bei den bereits angesprochenen „all in“-Entscheidungen merkt man das. Denn da braucht man großes Vertrauen zueinander.
Max: Und das ist auch gegeben. Wir wissen eben immer auch, dass wenn mal etwas nicht funktionieren sollte, man die Suppe nicht alleine auslöffeln muss, sondern die anderen beiden das mit durchstehen.
Fritz: Wir haben hier aber auch die Verantwortlichkeiten unter uns aufgeteilt, da hat jeder seinen Bereich für den zuständig ist und wo er auch das Sagen hat.
FRIZZmag: Obwohl Perepherique mittlerweile auch ein Büro in Berlin unterhält, ist euer Headquarter immer noch in einer alten Ölmühle bei Michelstadt. Ihr scheint nach wie vor in der Region tief verwurzelt zu sein. Was bedeutet euch der Odenwald?
Max: Bei vielen Odenwälder lief das früher so ab: Schule, Abi, dann gehst du in die nächstgrößere Stadt, studierst und bist weg. Wir sind hingegen immer hier geblieben, weil wir einfach großes Potential in der Region sehen. Und wenn all meine Odenwälder Freunde von früher, die heute zum Teil auch sehr erfolgreich als Kreative in Berlin, Hamburg und sonst wo tätig sind, hier geblieben wären, hätte sich der Odenwald viel schneller zu dem entwickelt, was wir uns hier schon immer vorgestellt haben. Aber die Landflucht war und ist halt ein Fakt. Wobei der Odenwald eigentlich perfekt und überhaupt nicht ab vom Schuss liegt. Von uns aus bist Du innerhalb von einer Stunde überall im Rhein-Main-Neckar-Gebiet. Es gibt eigentlich überhaupt keinen Grund, hier abzuhauen und deswegen machen wir hier Kultur und versuchen den Leuten etwas zu bieten, was sie in die Region zurückbringt, bzw. hier hält. Das ist unsere kleine „Kultur-Revolution“ im Odenwald.
Fritz: Bei unseren Tourneen haben wir früher oft festgestellt, dass gerade die Leute in den Metropolen oft am Meckern sind, wie scheiße es bei ihnen ist. Wenn wir dann vom Odenwald erzählt haben und darüber, was wir dort so machen, waren die dann immer total begeistert. Es kommt also nicht so sehr darauf an, wo du bist, sondern darauf, was du dort, wo bist aus dir und deiner Situation machst. Und genau das ist unser Antrieb hier im Odenwald ein kulturelles Angebot zu schaffen. Einfach, um unser Leben hier noch etwas lebenswerter zu machen.
FRIZZmag: Ihr habt eure gemeinsame Band vorhin bereits angesprochen. Die K*Rings waren damals, um 2004, sehr erfolgreich und sozusagen die Keimzelle euer gemeinsamen Aktivitäten. Leider hat man von euch gemeinsam musikalisch länger nichts mehr gehört. Ist die Band Geschichte?
Fritz: Nein, aber in den vergangenen Jahren ist das Musikmachen leider durch die anderen Aktivitäten ziemlich in den Hintergrund getreten, das stimmt schon. Aber wir hatten auch einige Zeit nicht das Gefühl, musikalisch wirklich etwas sagen zu müssen. Inzwischen haben wir aber ein neues Album aufgenommen.
Max: Mit der Veröffentlichung lassen wir uns aber noch etwas Zeit und legen hier und noch etwas Feinschliff an. Ich denke, das 10. Jubiläum des „Sound of the Forest“-Festivals im kommenden Jahr wäre ein sehr guter Zeitpunkt, um mit den neuen Songs rauszugehen. Der Name „Sound of the Forest“ war ja ursprünglich der Titel eines unserer Songs. Dort liegen für uns als Band auch unsere Wurzeln und nach zehn Jahren dort wieder etwas Neues auf der Bühne zu präsentieren – da schließt sich einfach ein Kreis, irgendwie.
Vielen Dank für das Gespräch.
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