© Lukas Maeder
Mighty Oaks
Mit dem catchy Lagerfeuer-Folkpop ihres Debütalbums „Howl“ gelang dem Trio Mighty Oaks aus Berlin 2014 auf Anhieb der große Wurf. Im Frühjahr dieses Jahres erschien nun mit „Dreamers“ der lang erwartete Nachfolger, den die Band unlängst auch auf dem „Sound of the Forest“- Festival im Odenwald live vorgestellt hat.
FRIZZmag: Gleich mit Eurem Debüt gelang euch 2014 ein großartiger Erfolg. Wie leicht seid ihr an die Aufnahmen zum zweiten Album „Dreamers“ gegangen?
Ian: Es gab schon einen gewissen Erwartungsdruck, aber der kam eher von außen. Das Label hätte natürlich gerne immer radiotaugliche Singles, die in die Charts gehen, aber da gibt es eben keine Formel für Hits, die immer funktioniert. Deshalb haben wir uns davon auch nicht beeinflussen lassen und einfach die Musik gemacht, die uns interessiert hat. Wir hatten mit der Zeit sehr viele Songs beisammen und insgesamt einfach großen Spaß bei der Produktion.
Dem Debüt folgte eine knapp zweijährige Tour, in deren Verlauf ihr auch u.a. vor Bands wie Kings Of Leon in riesigen Arenen gespielt habt. Welchen Anteil haben die Konzerte an eurem Erfolg?
Einen sehr großen. Wir haben die Band damals in erster Linie gegründet, um Konzerte spielen zu können. So haben wir auch angefangen und erstmal sehr viele Shows gespielt. Live haben wir die Leute immer gekriegt, das ist noch heute so. Die Leute hö- ren uns im Radio, gehen auf Konzerte und sind dann so richtig bei uns. Wir sind einfach eine hundertprozentige Liveband, das ist unsere Stärke! Ich finde auch, dass unsere Songs live immer noch mal anders und oft besser funktionieren als auf CD.
Ihr habt „Dreamers“ nahe deiner alten Heimat im idyllisch gelegenen Bear Creek Recording Studio bei Seattle aufgenommen, wo bereits Größen wie Eric Claption, Soundgarden, Foo Fighters und auch die Fleet Foxes zu Gast waren. Klingt nach einem sehr inspirierenden Ort...
Das stimmt. Und es war sehr schön, sich in diese lange Liste von Musikern einreihen und dort kreativ gewesen sein zu dürfen. Man fühlt sich ein bisschen wie ein Teil einer langen Geschichte. Allerdings mussten wir auch sehr fokussiert arbeiten, denn wir hatten sechs Wochen gebucht und mussten mit unseren Sachen in time fertig sein. Das war ungewohnt. Es war das komplette Gegenteil zur Arbeit an unserem Debüt, das wir in Eigenregie aufgenommen hatten. Damals hatten wir alle Zeit der Welt.
Du kennst das Musikgeschäft in den USA und auch hierzulande. Wo siehst du Unterschiede? Ist es leichter, in Deutschland als junge Band eine Karriere aufzubauen?
Schwer zu sagen. Ich habe in den USA ja nie wirklich versucht, als Profimusiker zu arbeiten. Das hat sich alles erst hier in Deutschland entwickelt. Auf jeden Fall ist Deutschland wesentlich kleiner als die USA, das Musikbusiness ist überschaubarer und man bekommt schneller Kontakt zu den richtigen Leuten. Aber es ist schwer, die beiden Länder zu vergleichen, denn auch das Drumherum ist einfach anders. Die Promotion läuft anders, es gibt hier keine College-Radios, und oft werden hier im Radio nur die Itunes Charts eins zu eins abgespult. Hier wird viel nach Zahlen gearbeitet. In den USA hingegen ist es mit sehr großem Aufwand verbunden, sich überhaupt erstmal einen Namen zu erspielen. Man muss permanent auf Tour sein und tausende Meilen abreißen, bis man als Live-Act irgendwann einen Namen hat. Deutschland unterstützt seine Künstler hier mehr: es gibt Musikinitiativen und vieles andere. Das kann man in den USA knicken.
Kritiker bemängeln, „Dreams“ sei wieder ein „Feelgood-Album“ geworden. Eure Texte sind wieder sehr positiv, obwohl die Zeiten durchaus Anlass zu Kritik geben - du bist Amerikaner und sicher kein Trump-Fan, schätze ich mal.
Wir schreiben einfach Lieder, die uns gefallen. Und viele der Songs für „Dreams“ waren bereits geschrieben, bevor Trump überhaupt als Kandidat nominiert war. Aber ich konzentriere mich nicht so sehr auf Politik und habe auch keine Lust, meine Zeit mit Liedern gegen Donald Trump oder Teresa May zu verschwenden. Wenn diese Leute nicht zu viel Scheiße bauen, wird die Geschichte sie vergessen. Aber mir ist eigentlich schnuppe, ob wir nach Meinung der Kritiker zu positive Songs schreiben. Das sind wir einfach. Das waren wir schon auf der ersten Platte und ich sehe nicht, warum wir das jetzt hätten anders angehen sollen. Wir sind sehr happy mit dem neuen Album, und das ist es, was für mich zählt.
Die lyrischen Texte, der folkig-akustische Sound – eure Musik hat etwas sehr Nostalgisches. Ein Sound, der auch mittlerweile sehr angesagt ist. Woher kommt das offensichtliche Bedürfnis der Leute nach dieser Nostalgie?
Ich denke, das hat eine Menge mit Authentizität zu tun. Die Leute sehnen sich nach Handgemachtem. Wir haben vor ein paar Tagen für einen Radiosender ein reines unplugged-Konzert in ganz kleinem Rahmen für ungefähr dreißig Zuhörer gespielt und die waren sichtlich geflasht, dass drei Jungs einfach mit Gitarre, Mandoline und Gesang solche Musik machen können. Ganz ohne Laptop-Kram oder große Backline. Einfach hinsetzen und losspielen - da kommt Musik her, so sind Bands entstanden. Viele Leute scheinen das echt vergessen zu haben.
Bei einer mächtigen Eiche denkt man eigentlich an Heimatverbundenheit und feste Wurzeln. Ihr drei seid allerdings schon ganz schön rumgekommen. Du stammst aus Seattle, Keyboarder Claudio Donzelli aus Italien und Bassist Craig Saunders aus UK. Seit einigen Jahren lebt ihr alle in Berlin. Ist Berlin so ein toller Ort zum Wurzeln schlagen?
Berlin ist schon cool. Ich lebe jetzt seit fast zehn Jahren dort und habe hier viele tolle Zeiten erlebt. Meine Frau ist Berlinerin und unser Sohn wurde dort geboren. Aber ich werde mich da nie ganz heimisch fühlen, denke ich. Die Stadt ist einfach sehr groß und irgendwie auch ungesellig. Die Leute unterstützen sich nicht sonderlich in Berlin. Das war aber nicht immer so und hat sich vor allem in den letzten Jahren in diese Richtung entwickelt. Wenn ich mich jetzt noch mal für die Stadt entscheiden müsste, würde ich wohl eher woanders hingehen. Berlin sollte besser ein bisschen edgy („ausgefallen“, Anm. d. Red.) bleiben.
Vor den Aufnahmen zu „Dreamers“ seid ihr drei in Eure Heimatländer gereist und habt im Anschluss den Song „Horsehead Bay“ veröffentlicht, dessen Video und Text euren drei Heimatorten gewidmet sind. Wie stark fühlt ihr euch noch mit diesen Orten verbunden, nachdem ihr nun schon lange in Berlin wohnt?
Ich könnte mir durchaus vorstellen, irgendwann auch mit meiner Familie wieder in meine Heimat um Seattle zurückzukehren. Claudio ist auch noch sehr eng mit seiner Family in Italien verbunden. Craig hingegen eher nicht so. Er scheint nicht allzu viel mit seiner Heimatstadt Somerset zu verbinden.
Wie fühlen kommen die neuen Songs live an?
Sehr gut! Die Tour im April lief echt gut, auch wenn wir gemerkt hatten, dass wir uns mit den neuen Liedern live noch ein bisschen anfreunden müssen. Aber mittlerweile haben wir die Platte schon ein paar Mal live gespielt und fühlen uns sehr gut mit den Songs. Die fügen sich sehr harmonisch in unser frü- heres Set ein und wir schreiben schon wieder an neuen Sachen. Vielleicht bringen wir im Oktober schon eine neue EP raus.
Wie sehen generell eure weiteren Pläne aus? Nachdem es hier in Deutschland so gut funktioniert hat, liegt es doch nahe, es auch in euren Heimatländern zu versuchen. Ihr wart mittlerweile sogar in den USA auf Tour, wie ich gelesen habe.
Und wir werden im September wieder einige Zeit durch die USA touren, auch wenn der logistische Aufwand, dort eine Tournee zu stemmen, echt enorm ist. Für eine europäische Band ist das echt enorm teuer, aber wir sehen das als langfristige Investition, denn wir hoffen, über die Konzerte auch das ein oder andere Festivalangebot für den nächsten Sommer zu bekommen und so nach und nach uns auch in den USA eine feste Fanbase aufbauen zu können. Im November und Dezember folgt dann noch eine große Europa-Tour und für das nächste Jahr werden wir sehen. Uns spinnen schon eine Menge Ideen im Kopf herum, mal schauen, was daraus wird.
Vielen Dank für das Gespräch.
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