©Klaus Mai
Fabian Stromberger
- Geboren und aufgewachsen in Darmstadt ist er mit der Bühne groß geworden. Als Bub hickelte er durch Opa Roberts Datterich-Inszenierung, mit gerade mal 31 gab er beim Heinerfest 2018 unter Mama Iris´ Regie die Symbolfigur des Heiners schlechthin.
FRIZZmag: Lieber Fabian, als Darmstädter Schauspieler mit 31 schon die Hauptrolle im Datterich zu spielen, mehr geht doch eigentlich gar nicht, oder?
Fabian: Also, für den Raum Darmstadt und bezüglich der Tradition mag das so stimmen. 31 ist ja auch relativ jung, wobei, als mein Opa die Rolle übernommen hat, war er nicht viel älter.
Wessen Traum hat sich da erfüllt? Opas, Mamas oder Deiner?
In erster Linie mein Traum, denn es ist ja eine unfassbar spannende Rolle. Natürlich sind das riesige Fußstapfen, aber ich denke, dass ich einen eigenen Weg gehe mit der Figur. Meine Mutter hatte schon lange den Plan, aber die Zeit musste erstmal reif werden dafür.
Wenn man in einer Schauspielerfamilie groß wird, erwarten alle, dass man Schauspieler wird. Aber erwachsen nicht gerade aus der vermeintlichen Selbstverständlichkeit die größten Zweifel? Wir war das bei Dir?
Ja, genau so. Das trifft es ganz gut. Von meinem sechsten bis zum 16. Lebensjahr hab ich immer wieder hier im Staatstheater in Mundartstücken gespielt und von allen Seiten gehört: Ist doch klar was du wirst, du wirst Schauspieler. Das klang auch irgendwie ganz nett, aber je mehr die Pubertät kam, hab ich mir gesagt: Jetzt mal langsam, ich muss doch selber erst mal wissen, ob ich das wirklich will und hab das sehr ernsthaft in Frage gestellt.
Mal chronologisch: Geboren bist Du im Alice-Hospital, aufgewachsen im Komponistenviertel, Grundschule Christian-Morgenstern-Schule, Abi Edith-Stein-Schule - und ansonsten nur Bühne? Oder gabs auch Fußball, Party oder was auch immer?
In der Centralstation waren wir eine Zeit lang unterwegs, also jedes Wochenende eigentlich (lacht). Fußball war nie so meins. Ich hab mal eine Weile Rollhockey gespielt mit dem Freundeskreis, mit dem ich groß geworden bin. Das hat ein paar Jahre gehalten, dann hab ich mich der Kampfkunst zugewandt, das fand ich spannend. Mittlerweile ist das anders, aber damals war das so.
Nach dem Abi hast Du dann erstmal ein Freiwilliges Soziales Jahr gemacht. Wie kams dann doch zur Schauspielerei?
Der Impuls kam bei der Frage: Was jetzt? Wirklich Schauspiel oder was anderes? In der Vorbereitung für die Schauspielschule hab ich dann richtig Blut geleckt und gemerkt, okay, diesen Weg will ich mit Vollgas gehen. Ich arbeitete an meinem Monolog und hab gemerkt, dass da mein eigenes Feuer brennt.
Hat man was davon in der Ausbildung, wenn man aus einer Schauspielerfamilie kommt?
Das hatte nur Vorteile, weil bestimmte Begriffe für mich ganz selbstverständlich waren. Bei uns Zuhause wurde viel geredet, über Inszenierungen, wie man das macht und so weiter, da musste ich nicht bei Null anfangen wie andere.
Von all Deinen Rollen, die Du bis jetzt gespielt hast, finde ich, ist der Maik Klingenberg im Tschick die coolste. Weil ich halt auch das Buch von Wolfgang Herrndorfer sehr cool finde. Du hast dann ja auch Lesungen dazu gemacht. Welche Bedeutung hat Tschick in Deinem Leben?
Also, ich glaube, das Buch hat einfach total den Nerv getroffen und war deswegen auch in den Bestsellerlisten. Mit der Figur von Maik können sich viele identifizieren. Wir hatten ganz viele Schulklassen, aber auch Erwachsene, eigentlich Publikum quer durch den Altersschnitt. Die Frage, wo soll man mit sich hin als Heranwachsender, welche Werte sind wichtig, diesen Hunger nach Antworten gibt es, glaub ich, absolut überall. Maik ist auf der Suche, und da konnte ich mich total einklinken und wiederfinden.
Und welche Rolle war für Dich bisher die Größte?
Die Faust-Produktion in Berlin. Da Faust zu spielen im ersten und vor allem im zweiten Teil unter der Regie und in dieser Produktion, das war schon irre. (Goethe/Wilson/Grönemeyer: Faust I + II nach J. W. v. Goethe, Regie: Robert Wilson, Musik: Herbert Grönemeyer, Berliner Ensemble, Anm. d. Red.)
Faust, Don Carlos, Woyzeck - München, Berlin, Wien - bist Du zufrieden mit Deinem bisherigen schauspielerischen Werdegang?
Sehr. Ich glaube, ich habe viel Glück gehabt, hab Chancen bekommen, hab die dann vielleicht auch zu nutzen gewusst. Währenddessen wusste ich überhaupt nicht was passiert, das kam einfach alles überraschend, mehr oder weniger. Dafür bin ich total dankbar.
Allenthalben wird Deine Vielseitigkeit, Dein Facettenreichtum gelobt. Siehst Du das selbst als Deine Stärke oder gibt es eine Rolle Deines Lebens?
Es fällt mir jetzt total schwer, eine Figur herauszugreifen. Der Datterich hat eine irre Bandbreite. Der ist der Humorvolle, der Tragische, der ist der Scharfzüngige und Böse. Da sind irre viele Farben drin und das ist ein riesiger Reiz, das zu füllen oder versuchen zu füllen. Aber es ist, finde ich, auch der eigentliche Reiz, sich zu verwandeln. Hugh Grant, der ist immer gleich. Klimper, klimper, mit den Augen, macht er sehr gut (lacht). Um Gottes willen, nichts gegen Hugh Grant. Aber was für mich das Handwerk ausmacht als Schauspieler, ist einzusteigen, sich zu verwandeln, das ist das, was Spaß macht. Ich fände es tragisch, in eine Schublade zu kommen.
Du hast Dich vorm Datterich-Brunnen fotografieren lassen, das ist ja ziemlich passend. Gibts noch andere Locations in Darmstadt, zu denen Du eine besondere Beziehung hast?
Ich hätte noch die Mathildenhöhe vorgeschlagen. Da habe ich letzten Mai geheiratet und da bin ich schon als Jugendlicher oft gewesen.
Würdest Du Darmstadt als Deine Heimatstadt bezeichnen? Und wo lebst Du eigentlich derzeit oder überwiegend?
In Berlin lebe ich, mit Frau und Kind. Darmstadt ist meine Heimatstadt. Ob es jetzt noch meine Heimat ist? Ich bin so oft umgezogen, irgendwie ist meine Heimat da, wo ich grad bin, oder wo ich grad mein Zirkuswagentheater geparkt habe. (lacht)
Was vermisst Du an Darmstadt, wenn Du nicht hier bist?
Meine Familie. Und hier hängen einfach wahnsinnig viele Erinnerungen dran.
Was sind Deine nächsten Pläne und Engagements? Theater, Kino, Fernsehen?
Ich mach jetzt erstmal Elternzeit. Drehen wird sich zeigen. Ich war so fest am Theater die letzten Jahre, da ist es schwer, nebenher noch zu drehen. Im Frühjahr, wenn die Saison anfängt, wird das wieder ein Thema werden. Ansonsten erstmal Der Glasschrank, die Komödie aus der Feder meines Großvaters, das ist das nächste Projekt mit TheaterLust und meiner Mutter Iris Stromberger in der Regie und in einer Hauptrolle, die Premiere ist am 12. Oktober.
Und gibt es 2019 wieder einen Heinerfest-Datterich?
Den wird es wieder geben, auch wieder in der Stadtkirche, soweit ich weiß.
Danke für das Gespräch.
fabian_stromberger.info
*13.7.1986 und aufgewachsen in Darmstadt, Abitur 2006 an der Edith-Stein-Schule, 2007-08 Freiwilliges Soziales Jahr beim ASB in Eberstadt, studierte von 2008 bis 2012 Schauspiel an der Bayerischen Theaterakademie in München, gastierte in dieser Zeit am Theater in der Josefstadt (Wien) und war anschließend für zwei Spielzeiten am Staatstheater Wiesbaden engagiert. Ab 2015 spielte er u.a. in Robert Wilsons Faust-Inszenierung am Berliner Ensemble die Titelrolle, war dort bis Sommer 2017 festes Ensemblemitglied und spielte zeitgleich am Burgtheater in Wien. 2017 bis 2018 spielte er dort als Gast und weiterhin am Berliner Ensemble. Am Heinerfestsonntag 2018 gab er erstmals den Datterich. Fabian Stromberger lebt in Berlin, ist verheiratet und hat einen Sohn (*2018).
Nächste Datterich Vorstellungen im TheaterLust: 5.3., 10.+11.4, 15.5., jeweils 19 Uhr im Alten Schalthaus, Rodensteinweg 2, Darmstadt. theater-lust-darmstadt.de fabian-stromberger.de