Das Architektur- und Design-Studio setzt Zeichen im öffentlichen Raum und schafft mit seinen Projekten Orte des kulturellen Austauschs. Wir haben mit Jonas Huhn und Tobias Schafroth vom DIESE Studio über ihre Geschichte, Philosophie und Kulturpolitik gesprochen.
FRIZZmag: Verratet mir doch zum Einstieg, wie ihr zu eurem Namen gekommen seid.
Jonas Huhn (lacht): Wo sollen wir da anfangen? DIESE war erst nur ein Arbeitstitel, weil wir lange überlegt haben, wie wir uns nennen wollen. Wir haben über ein random Konstrukt aus Zahlen und Worten nachgedacht oder weil wir ja aus dem „blumen“ kamen, das noch irgendwie reinzubringen, aber wir wollten eigentlich auch einen Cut setzen – es sollte etwas Neues sein. Letztendlich haben wir an einem Brainstorming-Abend darüber nachgedacht, was wir eigentlich machen und kamen dabei auf DIESE, weil es auf alles passt – wir machen DIESE Architektur, DIESE Bar, DIESE Design. Und weil es grammatikalisch so schön falsch ist, hilft es dabei, dass sich die Leute den Namen merken.
Wie seid ihr denn auf die Idee gekommen, ein gemeinsames Studio zu gründen?
Jonas: Wir haben im „blumen“ schon sechs Jahre lang in der Konstellation gearbeitet, haben es 2012 gemeinsam übernommen und auch das Konzept etwas erweitert – bisschen größer, bisschen öffentlicher. Zuerst kannten wir uns untereinander nur teilweise, haben uns aber über die Zeit im „blumen“ kennengelernt und gemerkt, dass uns diese interdisziplinäre Arbeit wahnsinnig viel Spaß macht. Nachdem wir aus dem Blumenladen in der Nieder-Ramstädter Straße raus mussten, hat sich unsere Arbeit noch einmal geändert, weg von einem festen Ort, den wir bespielen, hin zu temporären Installationen und Projekten in ganz Darmstadt.
Und wie kam es dann konkret zur Trennung zwischen „blumen“ und DIESE?
Jonas: Alle Projekte, inklusive Hügelstraße, haben wir für uns gemacht, es gab keine Auftraggeber oder jemanden, der gesagt hat ‚Wollt ihr mal diesen Raum gestalten‘, und wir mussten auf niemanden Rücksicht nehmen.
Tobias Schafroth: Bis auf die Nachbarn (lacht).
Jonas: Der Pavillon mit dem orangenen Steg am Staatstheater 2017 war dann die erste Projektanfrage, die von außen kam. Es war auf einmal eine ganz andere Situation, in der wir gemerkt haben, dass es eine ganz neue Arbeitsweise ist mit Verpflichtungen und mehr Verantwortung. Auf einmal gab es einen Auftraggeber, der mitreden wollte und uns Geld dafür zahlte.
Tobias: Es war sogar der Intendant vom Staatstheater, der letztendlich das OK geben musste, und Entscheidungen gingen durch das ganze Haus. Der Pavillon stand dann ja auch ziemlich prominent vor dem Staatstheater – das hat schon was ausgemacht.
Jonas: Wir haben dann schnell gemerkt, dass man für so ein Projekt Vollzeit verfügbar sein muss. Es gibt gewisse Verpflichtungen. Du musst morgens auf der Baustelle stehen und das „blumen“ ist nun mal ein ehrenamtlicher Verein – man kann niemanden zwingen, zu kommen. Für uns war klar, dass solche Projekte wie der Pavillon unglaublich Spaß machen, wir diese Arbeit aber nicht weiterhin in einem ehrenamtlichen Verein umsetzen können.
Tobias: Das hätte im Endeffekt auch den Verein gesprengt, da sich die Leute unterschiedlich stark mit dem Projekt identifiziert haben. Als dann einige von uns gerade in dem Zeitraum mit dem Studium fertig wurden und die Frage aufkam, ob es in eine Festanstellung gehen soll, um Geld zu verdienen, oder einen anderen Weg zu finden, haben wir uns entschlossen, eine Firma zu gründen.
Eure Arbeit hat ja einen starken Kulturbezug – welche Philosophie und was für Ziele stehen dahinter?
Jonas: Was alle unsere Projekte verbindet, ist der Versuch, den Dialog zwischen Gestaltung und Gesellschaft zu fördern. Wir möchten mit unseren Projekten zeigen, dass Gestaltung nicht nur eine ästhetische Disziplin sein kann, sondern dass damit auch gesellschaftliche Prozesse angestoßen werden können. Unser Ziel ist es, Begegnungsräume zu schaffen, wo vielleicht Leute zusammenkommen, die sonst eher nicht aufeinandertreffen würden, wo es auch Aneckungen gibt und wo diskutiert wird.
Tobias: Ein gutes Beispiel ist eigentlich aktuell das Projekt „NOT A NOT B“ – wo wir Themen wie Skateboarding aufgreifen, welche eher aus der Jugendkultur kommen und sie mittels einer multifunktionalen Rauminstallation in einen künstlerischen Kontext setzen.
Viele eurer Projekte liegen in öffentlicher Hand – fühlt ihr euch kulturpolitisch gut aufgehoben?
Tobias: Wir wollen zeigen, dass unsere Projekte einen gesellschaftlichen Mehrwert haben und damit auch die Stadt überzeugen, wenn sie es noch nicht ist. Wir stoßen nicht nur auf Widerstand, sondern auch auf Interesse.
Jonas: Es ist immer leicht gesagt, dass die Politik nichts für die Kultur tut, aber aus unserer Erfahrung können wir schon sagen, dass wir viel Positives von der Stadt zurückkriegen. Man muss halt erst mal wissen, an wen soll ich mich wenden, wer ist zuständig und wo kann ich was beantragen – aber mit der Zeit blickt man da durch. Am Anfang hat es etwas gedauert, aber es ist ein Prozess, den man anstoßen muss. Mittlerweile arbeiten wir eng mit der Stadt und dem Land zusammen und bekommen auch projektbasierte Unterstützung.
Tobias: Für uns ist aber auch das Thema Zwischennutzung sehr relevant und da könnte unserer Meinung nach die Stadt noch etwas mehr tun. Die Städte haben einen großen Zulauf und für kleine Initiativen wie das „blumen“ oder den Osthang, die auch ihren Platz in der Stadt haben wollen und sollen, wird es immer schwieriger, geeignete Räume zu finden. Darauf sollte die Politik ein Auge werfen, damit solche Strukturen in der Subkultur weiter existieren und die Stadtkultur bereichern können.
Danke für das Gespräch
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diese.bio
Gemeinsam gründeten die Designer und Architekten Jonas Huhn, Stephan Junglas, Benjamin Weingarten, Tobias Schafroth, Arne Schneider, Dennis Wollny sowie Jurek Werth 2018 das DIESE Studio. Mit Projekten wie der DIESE Bar für das Bauwhat? Festival 2019 oder dem Theaterpavillon des Staatstheaters 2017 prägen sie das kulturelle Leben der Stadt. Aktuell präsentiert DIESE Kultur E.V. gemeinsam mit „das blumen“ und EARLSTREET die Installation Not A Not B, eine Kombination aus Skatepark, Skulpturenschau und Ausstellungsfläche, in der Pallaswiesenstraße 25. Besonders das samstags stattfindende DIESE Café + Playground bietet die Möglichkeit für ein Zusammenkommen aller Generationen.
Mehr zum Programm von Not A Not B gibt es HIER.