© Robert Eikelpoth
Broilers
Auf Erfolgskurs: Die Düsseldorfer Ska Punks Broilers
Spätestens seit dem Nr. 1-Erfolg ihres 2014er Albums „Noir“ ist die Düsseldorfer Ska-Punk-Formation Broilers in der Oberliga der deutschen Rock-Szene angekommen. Wir haben Schlagzeuger Andi Brügge anlässlich der aktuellen Tour zum Gespräch getroffen.
FRIZZmag: Der Titel eures neuen Album ist recht ungewöhnlich: Die Bezeichnung (sic) steht für „wirklich so“ und wird oft als Ergänzung redaktioneller Inhalte verwendet. Wie seid ihr auf den Titel gekommen? Was soll er ausdrücken?
Andi: Die Band gibt es nun seit 25 Jahren und sie hat eine bewegte Vergangenheit. Wir haben mitunter Entscheidungen getroffen, die nicht selten etwas merkwürdig angemutet haben oder etwa aus finanzieller Sicht nicht immer Sinn gemacht haben. Außenstehende würden da vielleicht sogar von Fehlentscheidungen sprechen, aber für uns waren sie wichtig und richtig, denn nur durch diese Entscheidungen sind wir unseren Weg gegangen und das geworden, was wir heute sind. Und natürlich ist der Titel auch so zu verstehen, dass das Album genau so gemeint ist, wie es nun vorliegt und dass wir hinter jeder Zeile des Albums stehen.
Ihr habt im Laufe der Jahre zu Eurem Oi-Punk-Sound noch diverse stilistische Spielarten wie Psychobilly, Ska und Reggae einfließen lassen, was euch viele neue Fans aber auch „Ausverkauf“-Rufe aus dem Lager der Die Hard-Fans der Anfangstage eingebracht hat. Wie geht ihr mit dieser Kritik um - ist der Albumtitel auch als Message an die Kritiker gedacht?
Nicht wirklich. Wir haben uns mittlerweile ein ziemlich dickes Fell zugelegt und nehmen solche Kritiken nicht mehr so ernst. Wir haben irgendwann einfach verstanden, dass es immer Leute geben wird, die etwas zu meckern haben. Egal, was wir machen. Da können wir aber keine Rücksicht darauf nehmen, denn in erster Linie müssen wir das machen, was wir gut finden und hinter dem wir stehen können. Interessanterweise sind aber diese alten Oi-Skinhead Fans mittlerweile total fein mit uns. Die sagen sich: Das ist nicht mehr unbedingt unsere Mucke, aber wir gönnen’s den Jungs!
Ihr wart immer schon der Oi-Punk-Szene verbunden, der Bandname "BrOIlers" erinnert bis heute daran. Die Oi-Szene steht seit jeher traditionell für eine linke, antirassistische Gesinnung. Auch wenn ihr mittlerweile im Mainstream angekommen seid - politisch zeigt ihr nach wie vor eine klare Haltung. Songs wie „Wurzeln“ oder „Keine Hymnen heute“ sind starke Statements.
Und es ist wichtig, nach wir vor aufzustehen und seine Meinung zu sagen. Deswegen ist das neue Album auch das wohl politischste Album geworden, das wir bis dato aufgenommen haben. Wir leben in merkwürdigen Zeiten und vieles entwickelt sich in eine ungute Richtung. Weltweit finden Rechtspopulisten immer mehr Gehör und Anhänger. Die Gesellschaften spalten sich und alle haben Angst. Die Menschen leben nur noch im Internet und tippen da ihren ganzen Hass rein. Das sind Zustände, gegen die wir ansingen wollen. Das ist uns sehr wichtig und es wäre ebenso wichtig, dass noch viele weitere Künstler ihre Position und ihre Bühne nutzen würden, um Haltung zu zeigen. Das ist aber ein schwieriges Thema, denn wenn du deine politische Meinung nach außen trägst, wirst du immer ein Lager enttäuschen und Fans verprellen. Du verkaufst dann eventuell weniger Platten und verdienst weniger Geld, deshalb halten viele Künstler lieber die Fresse. Das war für uns aber nie ein Thema. Wir möchten uns immer noch im Spiegel ansehen können, und da können wir nicht mit unserer Meinung hinterm Berg halten.
Ihr kommt aus Düsseldorf, einer Stadt, die eine lange, große Punkhistorie vorzuweisen hat. Die Stadt war eines der Epizentren der jungen Deutschen Punkszene in den Siebzigern. Man denke an den legendären Ratinger Hof, in dem die Bands der ersten Stunde, wie Mittagspause, ZK (die Vorgängerband der Toten Hosen) oder die Fehlfarben aufgetreten sind. Was macht Düsseldorf so anziehend für Punks?
Wir sind alle Jahrgang 79/80, daher haben wir diese großen Anfangstage der Düsseldorfer Punk-Bewegung nicht mehr mitbekommen. Aber auch für uns war Düsseldorf immer sehr inspirierend, weil es eine Stadt der Gegensätze ist. Du hast einerseits die Kö (legendäre Einkaufsstraße, Anm. d. Red.) mit ihren teuren Boutiquen, viel Luxus und reichen Leuten und andererseits die größten Asis direkt daneben. Diese Zweischneidigkeit hat schon immer viel Reibung erzeugt und ist sicher einer der Gründe, warum Düsseldorf und Punkrock schon immer so gut zusammen gepasst haben.
Die Zusammenarbeit eures Frontmanns Sammy mit den Toten Hosen mündete in einer überaus fruchtbaren Zusammenarbeit: Die Band lud euch ein, bei zahlreichen Shows das Vorprogramm zu bestreiten und seit 2011 teilt ihr euch sogar das Management. Welchen Einfluss hatte diese Begegnung für euch? Was kann man von den Hosen lernen?
Die Hosen haben uns seit jeher sehr beeinflusst. Wir haben daraus auch nie einen Hehl gemacht. „Learning English“, das Cover-Album von den Toten Hosen, war für Sammy und mich quasi der Einstieg in den Punkrock. Viele Englische Punkbands haben wir erst durch diese Platte kennengelernt. Das war ein ganz wichtiges Album, denn es hat uns erstmals inspiriert, auch diese Art von Musik machen zu wollen. Als wir dann die ersten Shows mit den Hosen spielen durften, war die Aufregung entsprechend groß (lacht). Was wir später von der Band gelernt haben, ist, wie man auf einem sehr großen, professionellen Level im Musikbusiness erfolgreich und autark arbeitet und sich trotzdem hundertprozentig treu bleibt. Die verbiegen sich kein Stück und machen nur das, was sie wollen. Die Hosen verkaufen sehr viele Platten, ohne sich selbst zu verkaufen. Daran kann man sich auf jeden Fall ein Beispiel nehmen.
Das neue Album „(sic!)“ habt ihr nun erstmalig auf dem eigenen Label „Skull & Palms Recordings“ veröffentlicht. Was waren die Hintergründe hierfür? Nach dem Mega-Erfolg von „Noir“ dürftet ihr bei eurer Plattenfirma nahezu Narren- und Budgetfreiheit genossen haben, oder?
Das hatte einen ganz einfachen Grund: Der Vertrag mit unserem bisherigen Label „People like You“ war ausgelaufen und die Frage stand im Raum, wie es weitergeht. Wir hatten von diversen großen Labels Angebote und hätten natürlich auch bei unserem alten Label bleiben können, aber uns war ziemlich schnell klar, dass wir unsere Geschicke in Zukunft lieber komplett in die eigenen Hände legen wollen. Denn dieser ganze DIY-Gedanke war für uns immer ein ganz wesentlicher Teil dessen, was Punkrock ausmacht. Es ist einfach am Schönsten, wenn man mit niemandem mehr rumdiskutieren muss. Wir hatten das Geld, um das selbst stemmen zu können, also haben wir’s schließlich gemacht.
Als Sammy und du vor 25 Jahren das erste Mal gemeinsam Musik gemacht habt, hatte noch keiner ahnen können, dass daraus eine Band entstehen würde, die eine dermaßen beeindruckende Karriere hinlegen würde. Wie blickst su auf dieses Vierteljahrhundert zurück?
Was im Nachhinein betrachtet sicher schön aber auch wichtig war, ist die Tatsache, dass wir uns in aller Ruhe ausprobieren und entwickeln konnten und langsam, Schritt für Schritt erfolgreicher geworden sind. Wir mögen keinen dieser kleinen Schritte, keines dieser kleinen, frühen Konzerte missen. Das alles hat uns geerdet und verhindert, dass wir den Boden unter den Füßen verlieren. Früher war das alles sehr unbeschwert und sorgenfrei. Man ist im gemieteten Van von Stadt zu Stadt gefahren, von den 300 Leuten im Publikum hat man den Großteil persönlich gekannt. Man hat vor der Show schon ordentlich Party gemacht und auf der Bühne dann einfach weitergesoffen (lacht). Das ist heute alles etwas ernsthafter geworden, aber auch relaxter. Man hat ein tolles, super eingespieltes Team, man muss sich wegen nichts mehr Sorgen machen. Wenn man auf Tour ist, wird einem sehr viel abgenommen. Das ist auch sehr schön! Aber es war wichtig, dass uns diese vielen kleinen Schritte an diesen Punkt gebracht haben. Vielen junge Bands, die heute Karriere machen wollen, geht es vor allem um den schnellen Erfolg. Die vergessen oft, dass es beim Musikmachen in erster Linie darum geht, mit seinen Kumpels auf der Bühne stehen zu können und Spaß zu haben. Es ist erstmal egal, ob da dann 50, 500 oder 5.000 Leute vor der Bühne stehen. Es geht darum, Spaß zu haben!
Ihr genießt den Ruf, eine exzellente Liveband zu sein. Die zahllosen Konzertreisen haben einen großen Anteil am Erfolg der Broilers. Nun seid ihr wieder auf Tour durch die großen Arenen der Republik. Was bedeuten die Konzerte für dich?
Die sind der Grund, warum wir überhaupt Musik machen. Klar macht es auch Spaß, im Studio rumzutüfteln und Platten aufzunehmen. Aber die Platten sind für uns in erster Linie der Grund, wieder auf Tour gehen zu können. Live auf der Bühne zu stehen, die Energie des Publikums zu spüren, mit den Fans einen großen Abend zu feiern – das ist das, worum es geht beim Musikmachen.
Und wie ist das, nach so einer Tour wieder ganz normal in seine Wohnung nach Düsseldorf zurückzukehren?
Da ist es gut, wenn man Leute hat, die einen wieder ein bisschen erden. In meinem Fall ist das meine Frau, die mir sofort einen Vogel zeigt, wenn ich das Geschirr stehen lasse und vergesse, die Spülmaschine einzuräumen. Das ist aber wichtig, damit man kapiert, dass die Zeiten auf Tour nicht das richtige Leben sind, denn das wartet zuhause auf einen. Das kann mitunter auch recht unbarmherzig sein. Ich erinnere mich an Zeiten, in denen wir alle noch neben der Band unsere Jobs hatten und man samstags noch eine große Festival-Show vor tausenden von Leuten gespielt hat und sich am Montag im Büro dann einen Anpfiff abholen durfte, warum die Ablage nicht gemacht wurde. Mittlerweile können wir nur vom Musikmachen leben, zum Glück!
Im Februar ist die VÖ von „(sic!)“ auch schon wieder ein Jahr her. Wie sehen eure weiteren Pläne aus? Wird es erstmal wieder eine längere Pause geben wie nach „Noir“, oder stehen schon die ersten Songs für ein weiteres Broilers-Album?
Wir werden auf jeden Fall versuchen, uns sehr bald schon an das nächste Album zu machen. Im kommenden Sommer werden wir sicher wieder einige Festival-Shows spielen und dann schauen, dass wir Ideen und neue Songs für die nächste Platte sammeln und aufnehmen.
Vielen Dank für das Gespräch.
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