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Clownsmadams&Buben e.V.
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Klaus Mai
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Klaus Mai
Clownsmadams&Buben e.V.
Wer glaubt, dass Clowns in Altenheimen vor allem Schenkelklopfer liefern, versteht nichts von der hohen Kunst der Clownerie. Die Darmstädter ClownsMadams&Buben e.V. berühren Seelen. Da bleibt kein Auge trocken - im Lachen wie im Weinen. Die Tür des Fahrstuhls geht auf wie ein großer Theatervorhang. Musik schallt heraus. Die Bewohner des Seniorenheims Fiedlersee in Arheilgen heben die Köpfe, die müden Blicke weichen der Neugier. Louise tritt heraus, mit rosa Dirndl und Lockenwickler im Haar spielt sie die Ukulele und singt: „Uns gehts gut“. Hinter ihr betritt Lotte mit Jackett in Übergröße den Aufenthaltsraum, beide die roten Nasen im Gesicht. „Sobald wir die Nasen aufhaben, sind wir in unseren Rollen“, erklärt Anne Fritz. Sie ist eine der Vorsitzenden des Vereins ClownsMadams&Buben e.V. und ausgebildete Gesundheitsclownin. 2011 gründete sie zusammen mit den Clowninnen Katharina Müller, Sybille Magel und Sonja Räber diesen Zusammenschluss mit Sitz in Kranichstein, um in Altenheimen das Leichte ins Schwere zu bringen. Inzwischen umfasst das Team zehn professionelle Mitwirkende. Wie in anderen Einrichtungen der Region ist die Truppe auch im Seniorenheim Fiedlersee ein- bis zweimal im Monat zur festen Institution geworden. Die lethargische Nachmittagsatmosphäre ändert sich schlagartig durch das Eintreten der Protagonistinnen. Die Mundwinkel gehen nach oben, das Lächeln der Bewohner erreicht die Augen. Sofort stimmen einige lachend in ein Lied mit ein. Eine Frau beginnt zu klatschen. Nur Frau E. verzieht weiterhin das Gesicht. Louise geht mit ihrem Instrument ganz nah zu ihr hin und singt wieder: „Uns gehts gut!“ „Mir net“, sagt die Frau bestimmt. Die Clownin stampft mit dem Fuß auf und sagt: „Dann muss man das auch verdammt nochmal net singe!“ Da lächelt Frau E. und ihr Gesicht bekommt ein entspanntes Strahlen. Wenn die ClownsMadams&Buben hier zu Besuch kommen, passiert immer das Unerwartete. Für die Bewohner, aber auch für die Clowns. Auf jede Situation reagieren sie spontan und sensibel in scheinbarer Leichtigkeit. Wer nicht will, muss nicht, mal ist jemand genervt, mal hocherfreut, mal einfach glücklich. „Alles kann passieren, nur eines nicht – dass nichts passiert. Über alle Sinne bauen die Clowninnen eine Beziehung auf. So lässt Lotte die anderen an ihrem Kräutersträußchen riechen. Die älteren Menschen sind jetzt ganz bei ihr und konzentrieren sich auf den Duft. Frau E. ruft: „Wo haste denn die geklaut!“ Lotte schaut ertappt, die anderen lachen. Plötzlich beginnt Lotte an ihrem Strauß zu knabbern. „Du isst das ja auf!“, sagt jemand erschrocken und Lotte hält ihr die Kräuter hin und fragt: „Willst Du auch mal?“ Die anderen kieksen und schütteln den Kopf. „Der Clown“, sagt Ann Dargies, „ist nicht lustig, sondern eigen.“ Die professionelle Bühnenclownin ist eine Mitarbeiterin des Vereins und heute als Lotte der Gegenpart zu Louise. Anne Fritz ergänzt: „Wir wollen berühren, es muss nicht immer gelacht werden.“ Der ausgebildete Geriatrie-Clown verfügt dabei über medizinisches und psychologisches Hintergrundwissen. „Unter all den Maskeraden im Alltag“, sagt Fritz, „ist der Clown derjenige, der das Innere nach außen kehrt, sich verletzlich macht – und damit dem Gegenüber seine Emotionen erlaubt.“ „Wir kommen meistens zu zweit, für zwei bis drei Stunden, immer mit einem Leitthema“, erläutert Anne Fritz. „Das kann Urlaub sein, aber auch Jahreszeiten oder einfach Wandern.“ Der Sozialdienst des Fiedlersees, Katharina Metzler und Sven Bald, geben ihnen vorab eine Liste mit Bewohnernamen, die Besuch von den Clowninnen bekommen sollen. „Wir besprechen dabei immer, ob Themen anstehen, die aufgegriffen werden könnten.“ Das Thema „Sterben“ wird oft von den Bewohnern selbst angeschnitten. Fritz zitiert von einem vergangenen Besuch eine Seniorin: „Ein bisschen Spaß muss sein, sonst kommt keiner auf die Beerdigung!“ Die Aktionen des Darmstädter Vereins werden ausschließlich über Spenden und Zuwendungen finanziert. „Die Akquise ist mühsam und zeitraubend, auch für die Einrichtungsleitung!“ Feste Unterstützung erhalten sie dabei regelmäßig von der Merck-Stiftung und der Sparkasse Darmstadt. Aber auch Schulkinder aus Heusenstamm haben im April aus Sympathie gesammelt und gespendet. „Spenden, die direkt in die Herzen der Bewohner fließen“, merkt ein Betreuer an. Dann setzt Anne Fritz die Nase wieder auf und ist Louise. Im beschützenden Bereich, wo Menschen mit Demenz betreut werden, stimmt eine Mitbewohnerin plötzlich ein Lied an. „Warum bist du gekommen?“ singen alle mit ihr das melancholische Lied vom Verlassenwerden. Louise tritt in den Hintergrund, begleitet nur mit der Ukulele. Die Augen werden feucht, auch bei den Betreuern, im Schmerz verbunden und alle gleich. Als die Clowninnen gehen, winken die Bewohner zum Abschied. Nur Herr H. hält den Blick wie immer auf den Boden gerichtet – und lächelt. „Ich habe ihn noch nie lächeln gesehen“, sagt eine Betreuerin überrascht, und dann lächelt auch sie.
Clownsmadams&Buben e.V. Verein ausgebildeter GeriatrieclownInnen im Raum Darmstadt, gegründet 2011 Einsatzorte in Pflegeeinrichtungen und Seniorenheimen Vorstand: Sybille Magel und Anne Fritz Gründungsmitglieder: Sonja Räber, Katharina Müller, Sybille Magel, Anne Fritz Kontaktdaten: ClownsMadams&Buben e.V., Elisabeth-Selbert-Str. 10a, 64289 Darmstadt, Tel.: 06151 / 159988, E-Mail Kontakt hier. Weitere Infos hier.