Seit dem ersten Oktober 2023 hat Gabriele König die Stelle der Kulturreferentin in Darmstadt inne. Davor war die gebürtige Stuttgarterin vier Jahre als städtische Kulturbeauftragte und Leiterin des Krefelder Kulturbüros tätig. Das sie sich entschlossen hat, nach Hessen zu kommen, hat nicht nur berufliche Gründe, wie sie verrät. FRIZZmag: Beruflich haben Sie seit Beginn Ihrer Ausbildung mit Kultur zu tun. Sie haben in Tübingen und in York Empirische Kulturwissenschaft und Englische Linguistik studiert und ihre Dissertation über Kinder- und Jugendmuseen geschrieben. Wie kamen Sie zum Thema Kultur, ab wann spielte es eine Rolle in Ihrem Leben? Gabriele König: Ich hatte das Glück, in einer Familie aufzuwachsen, in der Kultur immer eine ganz große Rolle gespielt hat. Ich kann mich sehr genau an meinen ersten Theaterbesuch im Großen Haus in Stuttgart erinnern: Ich war sechs Jahre alt, es wurde die Schneekönigin gespielt und ich sehe bis heute vor mir, wie diese Schneekönigin über die Bühne schaukelt. Irgendwann habe ich überlegt, ob ich das falsch in Erinnerung habe, bin ins Staatsarchiv gegangen und habe herausgefunden, dass es genau so war - die Königin schaukelte eisig lächelnd hin und her (sie lacht). Ich war mit meinen Eltern als Kind viel im Theater, in Museen und in Konzerten und für mich war sehr früh klar: Kunst und Kultur sind etwas, das die Welt unfassbar größer macht und dass ich es als Gewinn ansehen würde, wenn ich so etwas auch tun könnte. Trotzdem sind sie nicht auf einer Theaterbühne gelandet, sondern arbeiten heute als Kulturreferentin. Wie kam es dazu? Für eine Sparte konnte ich mich nie richtig entscheiden und habe deshalb Kulturwissenschaft studiert und während meines Studiums ausprobiert, welche Richtung es sein soll oder auch nicht. Ich habe zum Beispiel im Landesmuseum in Stuttgart in der Abteilung Volkskunde mitgearbeitet, habe Besucher geführt und war im Archiv des Landkreises Tübingen kurzzeitig sogar kommissarische Leiterin. Zum Ende des Studiums, zu Zeiten der Grenzöffnung der DDR, hatte ich eigentlich schon ein Volontariat im Landesmuseum Stuttgart. Es kam aber zeitgleich die Anfrage, ob ich an das Deutsche Hygiene Museum nach Dresden kommen möchte und dafür habe ich mich dann entschieden. So kam ich in diesen Bereich der Kulturarbeit. Im Laufe ihrer Karriere haben Sie in Archiven in Tübingen, Rottenburg, am Württembergischen Landesmuseum in Stuttgart und am Deutschen Hygiene-Museum gearbeitet, bis sie 1995 Geschäftsführerin der Kinder-Akademie Fulda wurden. Außerdem waren Sie Gründungsmitglied und langjährige Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Kinder- und Jugendmuseen. Welche Rolle spielt Kultur für Kinder und Jugendliche? Ich durfte selbst erleben, wie bereichernd es ist, wenn man den Zugang zu Kultur früh findet und ich vertraue darauf, dass dies die eigene Zugehörigkeit zur Gesellschaft stärken kann. In Dresden habe ich viel gelernt über einen anderen Ansatz von Museum, einen, der in der DDR damals ganz stark vertreten war: Der Vermittlungsaspekt von Museen wurde dort sehr hoch eingeschätzt, in die Planung von Ausstellungen wurden Besucher und Schulklassen stärker mit einbezogen. Teilhabe an Kultur für alle – das finde ich wichtig. Kultur ist außerdem ein Standortfaktor, der Städte voneinander unterscheidet. Sie ist ein wichtiges Indiz dafür, warum Menschen in eine Stadt kommen, aber auch, warum Menschen gerne dort leben. In Darmstadt sind sie dafür zuständig, die Kultur nach innen und außen sichtbarer werden zu lassen. Wie kann man sich ihre Tätigkeit denn genau vorstellen? Ich bin praktisch das verbindende Glied zwischen dem Kulturdezernenten und den Kultureinrichtungen. Dabei arbeite ich als Moderatorin, als Mediatorin und als Ideengeberin. Es ist kein Bürojob, den ich über Telefon und Mail machen kann, es ist hautnah. Ich muss ein Gefühl für die Menschen und deren Anliegen bekommen und überlegen, welche Optionen oder Kooperationen gehen könnten und was sich umsetzen lässt. Ich verstehe meine Aufgabe so, möglichst vielen Menschen die Chance zu geben, mit Kultur in Berührung zu kommen - Darmstadt hat ja eine unglaubliche Fülle an kulturellen Angeboten und Aktivitäten. Dass sich Darmstädterinnen und Darmstädter von diesen Angeboten angesprochen fühlen und Leute von außerhalb deswegen herkommen, das liegt mir am Herzen. Und warum Darmstadt? Meine vorherige Arbeit in Krefeld habe ich mit großer Begeisterung gemacht und wäre Krefeld nicht so weit weg von Fulda und würde mein Partner nicht in Fulda leben, wäre ich sicher noch lange geblieben. Die Stelle in Darmstadt ist der in Krefeld inhaltlich sehr ähnlich, aber die Stadt als solche näher an meiner hessischen Wahlheimat – das war der Auslöser, dass ich mich für Darmstadt ins Feld geworfen habe. Können Sie ein Resümee über Ihre ersten drei Monate in Darmstadt ziehen und gibt es konkrete Pläne für die nähere kulturelle Zukunft in der Stadt? Seit ich gestartet bin, habe ich viel geschafft, was ich mit vorgenommen habe: Ich konnte an vielen Kulturevents teilnehmen und viele Kulturakteure persönlich kennenlernen. Im Moment bin ich viel damit beschäftigt, dass die Mathildenhöhe bald eröffnet werden kann und dass das Literaturhaus renoviert und wieder eröffnet wird. Sehr gefreut habe ich mich über die Anfrage des Deutschlandfunks, der in Kooperation mit der Stiftung Deutsche Denkmalpflege die Konzertreihe Grundton –D veranstaltet. Am Freitag 26.4.2024 findet im Ausstellungsgebäude der Mathildenhöhe nun ein Benefizkonzert statt bei dem der Konzertpianist Andreas Hering auf dem Mand-Olbrich-Flügel Werke von Ernst Ludwig von Hessen und bei Rhein, Claude Debussy, Alexander Skrjabin und Max Reger spielen wird. Darauf bin ich gespannt und ich freue mich. Vielen Dank für das Gespräch!
gabriele_könig.vita *1965 in Stuttgart, Abitur, Studium der Fächer Kulturwissenschaft und Englische Linguistik in Tübingen und in York (Großbritannien). Seit 1.10.2023 Kulturreferentin der Wissenschaftsstadt Darmstadt, lebt in Darmstadt und Fulda und ist Mutter zweier erwachsener Söhne.