Bestsellerautor Wladimir Kaminer nimmt kein Blatt vor den Mund. Lieber zückt er sein Notizbuch, um seine unendlichen Anekdoten für immer festzuhalten. Er hat eine Gabe, Menschen zu beobachten und lustige Geschichten über sie zu erzählen, wie wir es einst vielleicht nur von Loriot kannten. Und der Philanthrop hat Heißhunger auf bunte Kulturen und ihre traditionell vielseitigen Speisen. Seine Fans verschlingen seine Bücher und schreien nach Nachschlag. Am 5. Januar gibt er eine Lesung über sein neu erschienenes Buch „MAHLZEIT! Geschichten von Europas Tischen“. Wir haben den bedeutenden Schriftsteller zum Interview getroffen, um ihm zwischen den Zeilen ein paar Fragen über „Pott und die Welt“ zu stellen.
FRIZZmag: Im August 2024 erschien dein neues Buch: „MAHLZEIT! Geschichten von Europas Tischen!“ Die Süddeutsche Zeitung beschreibt dich im Klappentext als „echten Brückenbauer“. Wie baust du deine Brücken zwischen den Menschen?
Wladimir Kaminer: Ich als Schriftsteller suche nach Praktiken, die die Menschen in einer zerstrittenen Gesellschaft zusammenbringen und zu einem Gespräch bewegen, und ich dachte, vielleicht ist das Essen. Essen verbindet die Menschen, egal welche politische Einstellung sie haben oder wie unterschiedlich sie auch sonst sein mögen. Beim Essen kommen die Menschen zusammen und man lernt sich bei einer gemeinsamen Mahlzeit am besten kennen. Darüber habe ich ein Buch geschrieben.
Dein letztes Buch trägt den Titel „Frühstück am Rande der Apokalypse“, dein neues „MAHLZEIT! Geschichten von Europas Tischen“. Was für ein Schmankerl erwartet deine Fans als Nächstes?
Das Buch, an dem ich aktuell schreibe, soll den Titel „Das geheime Leben der Deutschen“ tragen. Es gibt bereits die Bücher „Das geheime Leben der Bäume“ und „Das geheimnisvolle Leben der Pilze“, doch noch niemand hat ein Buch über das geheime Leben der Deutschen geschrieben. Ich habe so viel Neues über Deutschland in den letzten zwei, drei Jahren gelernt. Ich habe so viel Unglaubliches gesehen – wie Menschen verrückte Feste feiern, wie sie miteinander komische Spiele veranstalten. Das alles und, was in den deutschen Städten und Dörfern passiert, darüber möchte ich in einer Art Forschungsroman berichten, der im Herbst 2025 erscheint. Meine Fans dürfen sich also über eine wissenschaftliche Studie freuen.
Du hast bereits unglaubliche 38 Bücher in deinem Leben geschrieben! Wie lange schreibst du im Schnitt an einem Buch?
In der Regel ein Jahr. Manchmal zwei, drei Jahre, je nachdem. Manche Bücher sind nach Jahreszeiten angelegt, beispielsweise „Mein Leben im Schrebergarten“ oder „Diesseits von Eden: Neues aus dem Garten“, in dem ich über das Landleben schreibe. Darin sieht man ganz schön, wie der Sommer zu Ende geht, dann kommt der Herbst, dann der Winter, der wiederum vom Frühling abgelöst wird. Aber wenn ich eine Geschichte habe, schreibe ich sie immer sofort auf. Die meiste Arbeit entsteht bei mir im Kopf, ich muss das jedoch vorher aufschreiben und ein bisschen Prokrastination gehört für mich auch immer dazu. Dann mache ich mir einen Kaffee oder schmiere mir ein Brot. Generell bin ich auf die Dinge angewiesen, die das Leben treibt.
Hast du dir schon einmal überlegt, ein Wohnmobil auszuleihen, um neue Geschichten über Camping-Communitys zu sammeln?
Ja, mal sehen, was alles noch so kommt! Aber ich bin ja eigentlich auch ein Camper ohne Camper! Ich bin ein hauptberuflicher Hotelgast oder, wie ich es nenne, Badegast. Ich mag Orte mit warmen Quellen, die Menschen sind entspannt, laufen in weißen Bademänteln herum. Ich genieße das.
Am 5. Januar gibst du eine Lesung in der Batschkapp in Frankfurt. Hast du eine lustige Geschichte aus der Rhein-Main-Metropole für uns?
Natürlich gibt es eine: Ich hatte vor zwei Jahren in Frankfurt eine Lesung für Bankangestellte, eine Weihnachtsfeier in einem Kino. Über Frankfurter Banker würde man ja normalerweise denken, dass das Roboter sind und sie menschlich kaum ansprechbar wären. Aber nein, sie waren so toll! Ich dachte, wir reden wahrscheinlich den ganzen Abend über Finanzen, aber sie hatten gar kein Interesse daran. Welche Themen die Banker beschäftigt haben, waren die Genderdebatte und veganes Essen. Das ist lustig!
Du bist ein leidenschaftlicher Weinkenner! Hast du mal einen Äppler getrunken, als du in Frankfurt warst?
Oh Gott, nein! Das sind ja flüssige Kopfschmerzen! Wer Kopfschmerzen braucht, ist der kürzeste Weg, welche zu bekommen, Apfelwein zu trinken. Ich trinke lieber einen guten Chardonnay oder Riesling.
Und wie findest du die Frankfurter Küche?
Die ist sehr gut! In Frankfurt kann man super essen gehen. „Die Leiter“ in der Nähe der Fressgasse ist mein absolutes Lieblingslokal! Frankfurt ist eine wirklich schöne Stadt. Wenn man mit dem Zug nach Frankfurt fährt, muss man einfach nur so schnell wie möglich vom Hauptbahnhof weg. Je weiter man vom Hauptbahnhof entfernt ist, desto schöner wird die Stadt!
Gibt es etwas, was du für dein Leben gerne isst?
Beim Essen ist für mich die Gesellschaft das Wichtigste. Du musst nur mit den richtigen Leuten in einer spannenden Atmosphäre landen, dann schmeckt auch jedes Essen. Momentan hat es mir die bayerische Küche angetan. Ich experimentiere die letzte Zeit viel mit Krustenbraten. Es ist ein fantastisches, wenn auch kein einfaches Gericht, das lange dauert. Doch meine Zubereitung wird von Mal zu Mal besser.
Vielen Dank, lieber Wladimir, dass wir im Gespräch mit dir über den Tellerrand deiner Lesung blicken durften!
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Betreff: Wladimir Kaminer
Einsendeschluss: 30.12.2024
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