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Maßstäbe in der Welt der Bücher setzen die monatlichen Buchempfehlungen aus Darmstadt. Seit 1952 trifft sich regelmäßig eine unabhängige Jury aus Schriftstellern, Journalisten und Literaturkritikern, um aus der Vielzahl der Neuerscheinungen ein Buch besonders hervorzuheben. Dabei fällt die Wahl nicht unbedingt auf literarische Bestseller, manches Buch wurde durch die Auszeichnung „Buch des Monats“ erst erfolgreich.
Aktuell gehören der Jury an: Peter Benz, Peter Härtling, Oliver Jungen, Hanne F. Juritz, Adrienne Schneider, Dr. Wilfried Schoeller, Julia Schröder, Dr. Gerhard Stadelmaier, Dr. Hajo Steinert, Wolfgang Werth.
Aus der Begründung der Jury:
Nicht nur das zwanzigste Jahrhundert scheint in ungeheurem Detailreichtum vor uns auf, wir bezeugen lesend auch die Genese des Erzählens aus der Gewalterfahrung: Razzia, Sabotage, Brückenkopf sind die ersten deutschen Worte, die das Kind jüdischer Eltern, die sich im kommunistischen Widerstand engagieren, hört. 1942 geboren, an dem Tag, als das Hamburger Reserve-Bataillon 101 die 1259 Bewohner des Ghettos von Misotsch liquidierte, ist diese Gewalterfahrung konstitutiv für den selbst bescheinigten „komplexen Reexionszwang“ und für „ein Gefühl für Einzelheiten“. Die Liebe zum Detail erwächst aus dem unbedingten Willen und der Not-Wendigkeit, den der Massenvernichtung zum Opfer Gefallenen, den am Krieg und am eigenen Scheitern Verzweifelten ihre Integrität – und damit ihre Würde - zu restituieren. Erzählen ist bei Nadás Notwehr und Einspruch gegen das schrecklich Vorgefundene: „Ich wollte wissen, wer die Toten ihres Herzens waren, die Toten meiner toten Mutter, die Toten meines toten Vaters.“ Wer die haarfeine Erforschung eines Lebens inmitten größter Verwerfungen lesend begleitet hat, kennt sie, am Ende, die Toten, bedrückt und beglückt zugleich. (Dagmar Leupold)
Weitere Infos:
Memoiren eines Erzählers
Péter Nádas
Aufleuchtende Details
Aus dem Ungarischen von Christina Viragh
Hardcover, 1.280 Seiten, Verlag Rowohlt 2017
39,95 €
ISBN: 978-3-498-04697-2