© Karl-Heinz Köppner/Veranstalter
Theater Mobile Zwingenberg
Spielleiter Danilo Fioriti und seine bunt gemischte Mobile-Spieltruppe dürften im „Sommernachtstraum“ einen viktorianischen Verwandlungsspaß als Aperitif fürs Publikum an der Hessischen Bergstraße angerichtet haben.
Die Liebe ist ein seltsames Spiel. Jeder kann lieben, wen er will. Oder, wenn er es clever anstellt, geliebt werden, von wem er will. Alles im Rausch einer Nacht, in dem sich vier unbedarfte Jungspunde in einem ständigen Bäumchen-wechsel-dich-Spiel befinden, befeuert durch Eitelkeiten und soziale Konventionen. Zu Beginn soll die Handwerkertruppe zu Theseus Hochzeit nur ein hellenisches Schauspiel aufführen, doch die nächtlichen Proben im Wald vor der Stadt scheitern kläglich. Der Streit zwischen Elfenkönigin Titania und ihrem Gatten Oberon eskaliert in einem Liebeschaos, das alle Umherirrenden ergreift. Handwerker Zettel wird in einen von Titania geliebten Esel verwandelt, Pucks fauler Zauber narrt zwei geflüchtete Athener Liebespaare und lässt sie im Sekundentakt die Partner wechseln. Da verwandelt sich sogar die heimelige Grünhecke schnell in einen tosenden Strudel aus verborgenen Wünschen, die sich aus schamhaftem Wahn und lasziver Ekstase nähren. Erst kurz vor Morgengrauen lässt Oberon die traumtrunkenen Athener zurück in die Stadt. Doch wie sollen die angesichts dieses Spektakels noch ernsthaft für ein Lustspiel proben?
Wieviel Drogen braucht der Mensch zum Glückseligsein, scheint dieser „Sommernachtstraum“ sein Publikum auch noch nach vierhundert Jahren zu befragen. Das Stück gilt ja als erster tobender Höhepunkt in Shakespeares Komödienschaffen, geschrieben anlässlich einer Hochzeit von Adeligen, legte der Mann aus Stratford-upon-Avon die Höhenflüge der ewigen Liebe ebenso frei wie ihre Schattenseiten, der weder Eifersucht noch Manipulation fremd sind. Der Wald bietet die magische Kulisse für ein rasantes Verwirrspiel um Liebe, Lust und Leidenschaft, und Spielleiter Danilo Fioriti und seine bunt gemischte Spieltruppe sollten denn auch einen viktorianischen Verwandlungsspaß als Aperitif fürs Publikum an der Hessischen Bergstraße angerichtet haben. Denn Shakespeares dramatischer Zaubertrank, der Liebende in Hassende, Ungeliebte in Geliebte und brave Handwerker in Esel verwandelt, dürfte nach der Verkostung im Theater Mobile stark als fantasieanregendes Theatergebräu in lauen Spätsommernächten nachwirken.
Fioritis große Liebe galt dabei immer dem Volkstheater und der großen volkstheatralen Inszenierung, die er immer wieder mit modernen Erzählmethoden und Inhalten herausfordert. Für das Trommer Hof-Theater krempelte er vor vier Jahren die Nibelungensage zu einer mittelalterlichen Räuberpistole aus dem Odenwald um, für die Zwingenberger Bühne übernimmt der Theater- und Medienwissenschaftler nun zum zweiten Mal das Regiezepter. Wunderbar komisch und doch auch melancholisch könnte die Neubesetzung der Mobile-Eigenproduktion daherkommen, mäandernd zwischen Groteske und Situationskomödie, mit tiefgründigen Betrachtungen zu Gier und Eitelkeit - wäre da nicht Corona. Und so dürften viele der Ideen, wie man ein 22-köpfiges Bühnenensemble in Zeiten der Pandemie auf Abstand hält, nicht bloß Fioritis Regie-, sondern leider auch dessen Hygienekonzept prägen.
William Shakespeares „Sommernachtstraum“ feiert in einer Neubesetzung am 5. September (Sa.) im Theater Mobile Premiere. Weitere Vorstellungen finden am 6., 11., 12., 18., 19., 20. und 25. des Monats statt. Infos und Tickets über das Gesamtprogramm der Saison 2020/21 hält das renommierte Zwingenberger Kleinkunsttheater im Internet bereit.
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