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Schauspiel Frankfurt
Als Opernregisseurs erntete Jan Bosse (Foto) bei Mozarts „Don Giovanni“ zuletzt an der Hamburger Staatsoper einige Buhs. Seine wirkmächtigen Inszenierungen verfangen beim Sprechtheater einfach besser.
Es sind fast vier Stunden wie in einem einzigen (Macht-)Rausch, dem man sich nicht widersetzen kann, weil Jan Bosse, der Regisseur, das Publikum so unverhohlen überfällt und mit allen Tricks der Theaterpraxis einnimmt. Bosse lässt den gesamten Theatersaal bespielen, und wie in einem Ringkampf bietet er dem Schauspieler Wolfram Koch und den anderen Akteuren nur eine kleine, mit schwarzem Schotter bedeckte Bühne. Jan Bosse (Foto) eröffnete die Spielzeit am Main 2017/18 mit einem furiosen „Richard III“. Jetzt geht er in der Inszenierung von „jedermann (stirbt)“ erneut der Frage nach: Wer oder was regiert unsere Welt? Wird es wieder eine kluge Adaption, die Einblicke gibt in die Entwicklung einer Seele zum Herrscher, der abgelehnt, verabscheut und verachtet wird?
Wenn es ein zur Institution gewordenes Theaterstück gibt, dann ist es der „Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes“ von Hugo von Hofmannsthal, das seit 1920 alljährlich bei den Salzburger Festspielen aufgeführt wird. Eine Überschreibung des Originals durch den jungen österreichischen Dramatiker Ferdinand Schmalz wurde 2018 am Wiener Burgtheater uraufgeführt. Seine Neufassung befreit es aus dem Moralkorsett des mittelalterlichen Mysterienspiels. Spielerischer Umgang mit Sprache und Versmaß, Schärfung und Ausweitung der Konflikte durch Einbeziehung heutiger gesellschaftlicher Zustände transportieren die Dichtung in unsere Gegenwart.
Schmalz‘ Jedermann ist ein selbstherrlicher Banker, denn die Zeiten sind hart, nüchtern und gottlos. Geld regiert die Welt und hat die Religion ersetzt. Während sich draußen auf den Straßen Unruhen ankündigen, will dieser Jedermann hinter Zäunen in seinem Garten Feste feiern. Einer der Gäste ist der Tod. Als dem Manager schwant, dass sein letztes Stündlein geschlagen hat, bittet er um Aufschub. Doch weil auch er sterblich ist, kann sein Geld ihn nicht schützen. Regisseur Bosse vertraut, wie schon bei Shakespeare, seinem Bühnenbauer Stéphane Laimé und setzt, neben den „Tatort“-Ermittlern Wolfram Koch, Mechthild Großmann und Isaak Dentler, auf bewährte Kräfte des Frankfurter Schauspielensembles.
„jedermann (stirbt)“ hat als Deutsche Erstaufführung am 31. Januar 2020 am Schauspiel Frankfurt Premiere. Weitere Vorstellungen sind am 3., 7., 12., 13., 21. und 23. Februar. Infos und Tickets über das Gesamtprogramm der Saison 2019/20 hält das renommierte Frankfurter Sprechtheater im Internet unter www.schauspielfrankfurt.de bereit.