© Achim Käflein
Agora Darmstadt
Bernd Lafrenz spielt auch im „Sommernachtstraum“ alle Figuren selbst, die Athener Hofgesellschaft, die vier liebestollen Sprösslinge, das streitsüchtige Feenherrscherpaar Oberon sowie Titania und ihre flippige Dienerschaft im nächtlichen Zauberwald.
Mit seinem Kulturprogramm war Agora pandemiebedingt im Winterschlaf, doch jetzt öffnet das generationsübergreifende Wohn- und Lebensprojekt seine Pforten wieder, etwa für die große Schauspielkunst. Die für Juni geplanten Konzerte und Theateraufführungen könnten zumindest als Freiluftevents stattfinden, glaubt Axel Flörke vom Verein „Agora bewegt“, wenn „die Darmstädter Inzidenzen weiter schön nach unten gehen“. Weil es derzeit danach aussieht, wollen die Kulturbetreiber vom Ostbahnhof ihr Programm ab Mitte des Jahres für den Herbst perspektivisch und sukzessiv erweitern.
Mit dem Kieler Bernd Lafrenz hat sich nun erst einmal ein Könner seines Fachs angekündigt. Seit rund vierzig Jahren bestimmt sein Spiel eine Kombination aus Masken- und Körpertheater, Pantomime und Clownerie. Seine eigensinnigen Shakespeare-Parodien sind leichtfertig-heitere Märchenstunden fürs Volk bei gleichzeitiger Verneigung vor William Shakespeare. Auch der „Sommernachtstraum“, mit dem der Komödiant und Theaterleiter an die Peripherie zur Rosenhöhe kommt, ist ein verwegener Mix aus Commedia dell ‘arte-Elementen und absurden Comic-Gesten.
Neuen Zauber hat Lafrenz der alten Geschichte eingehaucht. „Lass mich den Löwen auch spielen!“ Das sagt Zettel, einer aus der Schauspieltruppe der Handwerker. Lafrenz nimmt das wörtlich und spielt nicht nur den Löwen, sondern gleich auch alle anderen Personen dieses luftig-leichten Bühnenstücks, das seine achte Begegnung mit Shakespeare ist. Artistisch und virtuos, mit einfachen Mehrzweck-Requisiten, launigen Versatzstücken und minimalen Kostümveränderungen wechselt er blitzartig die Rollen, spielt sich alles aus den Kleidern und überlässt - trotz manchem Impro-Gehabes - nichts dem Zufall.
Bei Susanne Tiggemann und Bernd Witte trifft der afrikanische Mythos auf die sieben Zwerge im Ruhrgebiet.
Er arbeitet die ganze dynamische Palette unterschiedlicher Tempi, Gang-, Tanz- und Hüpfformen durch, trifft daneben präzise den Kern der jeweils dargestellten Rolle, setzt drastisch die unterschiedlichsten Charaktertypen an- und nebeneinander. Er verdichtet die Differenzierungen sowie körpersprachlich als auch mit wenigen Requisiten wie Bilderrahmen und Kopfbedeckungen (siehe Foto), baut mit angerissenen Halbsätzen ganz Dialogformen auf.
Ganz ähnlich auf die Tube drücken Susanne Tiggemann und Bernd Witte vom Touché Erzähl Theater. „Moment mal!“ heißt der eilende wie rastlose Programmtitel der Theaterleute aus Schwerte, die Geschichten und Märchen aus dem reichen Schatz der Völker im Gepäck haben. Da trifft ein afrikanischer Mythos auf die sieben Zwerge im Ruhrgebiet. Aus dem Orient erfährt man, wie der Mann entstand. Die jiddische Kultur bringt den Zuhörern die Gedankenwelt eines Schlemihls nahe. Im Ruhrgebiet tummeln sich die Emscher Nixen. Adler und Rabe entspringen der Feder des Fabeldichters Aesop. Ein Abend voller Vielfalt, von der überlieferten Story bis zur Stegreifgeschichte aus dem Moment. William Shakespeare hätte das sicher ins viktorianische Theater überschrieben, und als rasenden Alleinreisenden würde man Bernd Lafrenz bei dieser Weltreise dann sicher Frühbucherrabatt einräumen.
Karten können unter der E-Mail-Adresse reservierung@agora-da.de vorreserviert werden. Über wichtige News und Infos berichtet das Internet unter www.agora-eg.de