Laut Statistik warteten 2018 in Deutschland etwa 9.400 Menschen auf eine Transplantation, auf eine Chance für ein neues Leben. Allerdings standen bundesweit nur 955 Spenderorgane zur Verfügung. Ein extremes Missverhältnis. Hoffen, warten, bangen – das ist für die Betroffenen nicht nur körperlicher, sondern auch enormer emotionaler Stress. Die kühle Distanz des Mediziners wahren und ein hohes Maß an Empathie für die Patient*innen aufbringen: Dieser Balanceakt gelingt Dr. Bernd Sucké. Der Facharzt für Innere Medizin und Nephrologie ist seit 2002 Transplantationsbeauftragter des Klinikums Darmstadt. Er berät die Betroffenen und ihre Angehörigen sowie mögliche Spender, aber auch die beteiligten Ärzte. Das Darmstädter Klinikum unterhält zwar ein Nierenzentrum, das bei Nierenerkrankungen umfassend betreut, Dialysen vornimmt, Spendenempfänger und Spender auf eine mögliche Transplantation vorbereitet und die Nachsorge übernimmt. Die Transplantation selbst wird aber in einer der umliegenden Kliniken in Frankfurt, Mainz oder Heidelberg vorgenommen. „Die kontroverse Debatte um Organspenden im Vorfeld der Entscheidung des Deutschen Bundestags über eine Zustimmungs- oder Widerspruchslösung hat das Thema wieder in das öffentliche Bewusstsein gebracht“, erfreut Sucké. Der Bundestag entschied im Januar für eine erweiterte Zustimmungslösung. Damit bleibt die bisherige gesetzliche Regelung im Kern erhalten. Beide Gesetzesentwürfe verband das Ziel, die Zahl der Organspenden zu erhöhen. „Die Frage nach einer Organspende kann schon lange im Voraus geklärt werden“, mahnt der Mediziner, „denn Voraussetzung dafür ist nach wie vor die Zustimmung zu Lebzeiten“. Das bedeutet aber auch eine offene Aussprache mit den Angehörigen, denn die werden im Ernstfall befragt und müssen im Sinne des oder der Verstorbenen eine schnelle Entscheidung treffen. Ein Organspendeausweis oder die dokumentierte Absicht in einer Patientenverfügung sind von Vorteil. Ressentiments gegen eine Organspende sind auch häufig auf Missverständnisse oder Unwissenheit zurückzuführen. Dafür bin ich zu alt. „Niemand ist zu alt“, so Sucké. Nur wenige medizinische Einwände sprechen dagegen. Die Niere zum Beispiel gehört zu den nicht alternden Organen und kann bis ins hohe Alter gespendet werden. Die Transplantation von Nieren, Herz, Leber oder Bauchspeicheldrüse kann Leben erhalten und Lebensqualität verbessern. Für viele Empfänger eines Organs fängt nach der Transplantation das Leben noch einmal an. Deutschland zählt europaweit die wenigsten Organspenden. Das ist auch auf unterschiedliche gesetzliche Regelungen in den Ländern zurückzuführen. Viele Betroffene stehen bei Eurotransplant, der zentralen Vermittlungsstelle für Spenderorgane, auf der Warteliste. Die meisten von ihnen warten auf eine Niere. Es ist das am häufigsten transplantierte Organ. Deutschland ist das einzige Land, das für eine Organspende eine Hirntoddiagnostik verlangt, die Feststellung, dass alle Hirnfunktionen unumkehrbar ausgefallen sind. Diese Diagnostik muss unter Zeugen von speziell dafür ausgebildeten Ärzten stattfinden. Auch Sucké wird hinzugezogen, wenn eine Hirntoddiagnostik und damit eine Entscheidung über eine mögliche Organspende ansteht. „Es ist also ein öffentlicher Prozess, der jeden Missbrauch ausschließt“, erklärt Sucké, „von der Aufnahme in die Warteliste bei Eurotransplant bis hin zur Transplantation und zur Nachsorge“. Diesen Weg begleitet der Mediziner, ein strapazenreicher Weg, der zusätzlich zur medizinischen Anforderung nicht selten von emotionalen Momenten begleitet wird. Die Mehrheit der Menschen in Deutschland bejaht eine Organspende und viele besitzen schon einen Organspendeausweis. Ihre Motivation: anderen Menschen eine neue Lebenschance zu geben.
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