Um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen, ist nach wie vor oberstes Gebot, die weitere Ausbreitung des Virus zu bremsen und die Infektionskurve abzuflachen, um das Gesundheitssystem vor einem Kollaps zu bewahren. Es gilt, Zeit zu gewinnen, bis ein wirksames Medikament oder ein Impfstoff zur Verfügung stehen. Daran arbeitet die Forschung mit Hochdruck. Eine Fülle von teils widersprüchlichen oder auch zweifelhaften Informationen zur Corona-Pandemie begleitet zurzeit den aufmerksamen Leser täglich aufs Neue. Diese werden seit einiger Zeit im Rahmen der Lockerung geltender Maßnahmen noch ergänzt mit der Diskussion über ein unübersichtliches Angebot an Tracing-Apps, die Infektionsketten identifizieren und isolieren sollen. Der Zickzackkurs der Bundesregierung und damit einhergehend die Auseinandersetzung über die unterschiedlichen Apps verunsichern die Bevölkerung, zumal der Erfolg des Tracing-Modells davon abhängt, dass sich viele Menschen daran beteiligen. Der Streitpunkt ist immer der derselbe. Welche Daten soll der Einzelne preisgeben, und wo werden diese gespeichert? Und wie kann man sichergehen, dass damit kein Missbrauch betrieben wird, und der Persönlichkeitsschutz gewahrt bleibt? In Deutschland und Europa sind die geltenden gesetzlichen Vorgaben für den Datenschutz und den Schutz der Persönlichkeitsrechte deutlich strenger geregelt als in Asien. Die dortigen Rückverfolgungstechnologien sammeln hochsensible Daten von Einzelpersonen. Letztendlich ist es eine Gratwanderung: die Abwägung zwischen Wahrung der Persönlichkeitsrechte und dem Schutz der öffentlichen Gesundheit. Ist die Programmierung einer solchen App mit Berücksichtigung der geltenden Rechtslage möglich? An einer anonymen dezentralen Tracing-App arbeitet das Team des Sicherheits-Labs im Profilbereich Cybersicherheit (CYSEC) der TU Darmstadt um Professor Dr.-Ing. Ahmad-Reza Sadeghi, Sprecher des Profilbereichs Cybersicherheit. Die Wissenschaftler entwickeln gemeinsam mit Industriepartnern sowie der kalifornischen Universität UC San Diego ein Pandemie-Rückverfolgungs- und Informationssystem. Um die TraceCORONA-App nutzen zu können, brauchen sich die Nutzer weder zu registrieren noch ihre Kontaktdaten preiszugeben. Die Nutzung ist also komplett anonym. Die App verzichtet vollständig auf die Verwendung persönlicher Daten. Sie arbeitet kontextbasiert, benutzergesteuert und datengeschützt und wird voraussichtlich im Mai für die Benutzer aller gängigen Android-Smartphones und iPhones kostenfrei verfügbar sein. Das Konzept ermöglicht, mithilfe einer Smartphone-App, der Bluetooth LE-Technologie und sogenannten anonymen »Kontakt-Tokens« Kontakte zwischen den Nutzern zu ermitteln. Falls sich ein Nutzer mit dem SARS-CoV-2-Erreger infiziert hat, werden die Kontakte anonym veröffentlicht. So können die anderen Nutzer feststellen, ob sie Kontakt mit dem Infizierten hatten. Die Kommunikation über den TraceCORONA-Server verläuft ebenfalls anonym. Das TraceCORONA-System arbeitet mit anonymen Kontakt-Tokens, die spezifisch für jeden App-to-App-Kontakt generiert werden. Der Server erhält weder Informationen über die Identität der beteiligten Nutzer noch über dessen Kontaktdaten. Es ist auch nicht möglich, festzustellen, wer mit wem Kontakt hatte. Das Ermitteln von Kontakten ist ausschließlich für die Apps der am Kontakt beteiligten Nutzer möglich. Die Aufgabe des Servers ist nur, infizierte Nutzer mithilfe einer TAN zu verifizieren und die übermittelten Kontakt-Tokens an die anderen Nutzer zu schicken. Wenn sich ein Nutzer infiziert hat, bekommt er vom zuständigen Testlabor oder vom Gesundheitsamt eine TAN als Nachweis für den TraceCORONA-Sever, dass er tatsächlich infiziert ist. Der infizierte Nutzer gibt die TAN in seine App ein. Die App übermittelt den entsprechenden Kontakt-Token des Infizierten an den Server. Der TraceCORONA-Server bekommt vom Testlabor oder dem Gesundheitsamt lediglich eine Liste der gültigen TANs, mit denen sich Nutzer als infizierte Personen ausgeben können, aber keine Information, welchen Personen die jeweilige TAN zugeordnet ist. Die Nutzer sind demnach für den Server völlig anonym. Insbesondere hat dieser keine Kontaktdaten der Nutzer, mit deren Hilfe eine Nachverfolgung möglich wäre. Wichtig zu wissen: Die Nutzung einer Tracing-App ist freiwillig. Im Hinblick auf das üppige Angebot sollte man genau hinschauen, ob Ansprüche an den Datenschutz und den Schutz der Person gewährleistet sind. Was ist für mich wichtig und wem kann ich mein Vertrauen schenken? Welche App bietet den größten Schutz meiner Privatsphäre im Rahmen der geltenden gesetzlichen Regelungen? Weitere Informationen HIER!
Im Wettlauf gegen das Virus
Die TraceCORONA-App des Profilbereichs Cybersicherheit der TU Darmstadt analysiert Kontakte – völlig anonym