Immer mehr Menschen kaufen schon einmal getragene Kleidung oder Möbel mit Vorbesitzer*innen. Entweder aus nachhaltigen Beweggründen oder einfach, weil „Vintage“ in ist. Auch in Darmstadt findet sich ein vielfältiges Secondhand-Angebot. Ein kleiner Querschnitt durch eine wachsende Kultur. ___STEADY_PAYWALL___ Mode ist schnelllebig. Sind in den letzten Jahren noch Klamotten im Stil der 70er- und 80er-Jahre im Trend gewesen, blickt die Fashion-Welt nun in Richtung 60er-Jahre mit ultrakurzen Miniröcken und auf die 2000er mit geraden Linien und Kanten. Verständlich, wer da nicht mehr hinterherkommt. Außerdem haben diese schnellen Trendwechsel eine verheerende Auswirkung auf die Umwelt. Die sogenannte „Fast Fashion“ lebt davon, dass Konsument*innen sich ein Kleidungsstück kaufen, es kaum tragen und spätestens zur nächsten Saison ausmisten. Nachhaltigkeit und Fairtrade spielen dabei keine wichtige Rolle. Doch ein Wandel zeichnet sich ab und der Begriff „Secondhand“ gewinnt an Bedeutung. Wenn Stils aus vergangenen Jahrzehnten wieder angesagt sind, warum dann nicht einfach direkt die Klamotten aus dieser Zeit kaufen? Papas alte Jeansjacke oder Mamas Schlaghose aus der Disco-Ära sind auf einmal wahre Hingucker. Vor Kurzem erst habe ich zwei Secondhand-Trainingsjacken über eine Online-Flohmarktseite bestellt. Während meine Eltern nur die Augen verdrehen konnten, weil sie die Teile in ihrer Jugend schon zu oft gesehen haben, ernte ich Komplimente von meinen Freunden für meinen neuen Stil. Das Gleiche gilt für einen alten Pulli von meinem Vater von 1989. Nach 30 Jahren im Schrank wird er endlich wieder gern getragen. Gerade in der Corona-Pandemie hat sich dieser Trend verstärkt. Wer nur noch im Homeoffice sitzt, überlegt sich zweimal, ob sich ein neues Business-Outfit lohnt. Und wer von der Krise hart getroffen wurde, erkennt vielleicht, dass es nicht zu den relevanten Dingen im Leben gehört, immer die neuesten Klamotten zu tragen und jeden Trend mitzumachen. Das zeigt sich vor allem mit Blick auf den Secondhand-Onlinehandel. Im Jahr 2020 shoppten 63 Prozent der Befragten ihre Secondhand-Kleidung im Internet – Plattformen wie Kleiderkreisel (mittlerweile Vinted) oder der ASOS Marketplace boomen. Doch nicht nur Mode ist in Secondhand gefragt. Möbel, Haushaltsgegenstände, Dekoration oder Platten – die Menschen scheinen sich nach gebrauchten Gütern zu sehnen und der Markt liefert. Unter dem Label „Vintage“ werden alte Stücke als neuer Trend verkauft und die Mehrheit springt drauf an – egal ob jung oder alt. Eine alte Biedermeier-Kommode oder ein Sessel aus den 70ern macht in vielen Augen mehr her als neu gekaufte Billigmöbel von großen Ketten. Auch hier in Darmstadt gibt es Angebote für gebrauchte Waren. Doch im Vergleich zum europäischen Nachbarn Schweden sei Deutschland noch lange kein Secondhand-Land, erklärt Beate Peter vom Kaufhaus der Gelegenheiten in Darmstadt. „Würde Darmstadt in Schweden liegen, gäbe es alleine acht Geschäfte wie meins für Secondhand-Haushaltswaren und es wäre ganz normal, dort einzukaufen“, so Peter, „Davon sind wir aber noch weit entfernt.“ Ihre Analyse: „Es ist einfach noch nicht schick genug, Secondhandware zu kaufen. Dabei hat das mit arm sein nichts am Hut.“ Anders sieht es Nasih Hijazi, Inhaber des Secondhand- und Vintage-Stores „Lejla’s“ im Darmstädter Martinsviertel. „Secondhand hat sich mittlerweile stark etabliert. Man kann behaupten, es ist mittlerweile salonfähig. Secondhand und Vintage zu tragen oder zu besitzen, ist hip“, so Hijazi. Seit Beginn der Corona-Pandemie habe sich aber das Kaufverhalten seiner Kund*innen verändert: „Wir erhielten viele Rückmeldungen, dass Kund*innen nun verstärkt darauf achten würden, wo sie einkaufen, sprich die Unterstützung der inhabergeführten Geschäfte rückte bei vielen noch mehr in den Vordergrund.“ Und das Tolle: Wer trotz Lockdown nicht darauf verzichten will, lokale Secondhand-Geschäfte wie das Kaufhaus der Gelegenheiten oder Lejla’s zu unterstützen, kann dank Liefer- und Abholservice entspannt weiter einkaufen. „Ich kann ja nicht verantworten, jemandem abzusagen, dessen Sofa von den Kindern kaputt gehüpft wurde, und nun dringend ein neues braucht“, erklärt Beate Peter lachend.
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Ware aus zweiter Hand ist gefragt – und Darmstadt liefert